Editorial der Printausgabe 10_11/2016  

Gegen den Strom

Jean-Damien Humair, Übersetzung Pia Schwab, 20.10.2016

Unsere Gesellschaft spricht nur vom Gewinnen. Der Wettkampf, vor zwanzig Jahren noch die Domäne der Sportler, hat alle Lebensbereiche erobert. Im Fernsehen wird alles zum Wettbeweb: Man sucht den Superkoch, das Supermodel, das Superhirn ... Die Musik ist da nicht ausgenommen, ganz im Gegenteil. In unzähligen Shows treten junge Sängerinnen und Sänger gegeneinander an. Orchesterstellen und sogar Plätze in gewissen Schulen werden an den Besten einer Ausscheidung vergeben. Ein Profimusiker wird zudem kaum Karriere machen, wenn er nicht hie und da einen ersten Preis gewinnt.

In dieser Ausgabe der Schweizer Musikzeitung betrachten wir aber für einmal die gegenläufige Tendenz dieses weltweiten Phänomens und nehmen das Verlieren unter die Lupe. Selbstverständlich ist es alles andere als lustig, das Gehör zu verlieren – und leider sind viele Musikerinnen und Musiker davon betroffen – und auch der Gedanken an all die über die Jahrhunderte hinweg verlorenen Partituren stimmt traurig. Aber das Verlieren hat auch seine guten Seiten, denn es ist meist mit Veränderung verbunden. Diese Konstante ist in der Musikgeschichte zu verfolgen: Jedes Mal, wenn ein Instrument, eine musikalische Praxis oder ein Stil aufgegeben wurden, geschah das, weil sich etwas Neues durchsetzte, weil neue Horizonte erobert werden wollten. Was dem Vergessen anheim fällt, ist auch nicht unbedingt für immer verloren, gerade was immaterielle Werte betrifft. Ideen, Vorgehensweisen, Wissen und Können verschwinden nicht spurlos wie ein Stein, der ins Meer geworfen wird.

Wenn also die Schweiz den Barockmusiker Albicastro «verliert», so ist seine Musik deswegen noch lange nicht verloren. Und wenn wir nicht mehr gewohnt sind, nach den Gesetzen des Contapunctus floridus zu komponieren oder Gambe zu spielen, so können wir diese Gewohnheit doch jederzeit wieder aufnehmen. Einige machen das ja auch, denn es hat seinen Reiz, gegen den Strom zu schwimmen. Und, Christophe Sturzenegger sagt es sehr treffend, ebenfalls in dieser Nummer: Gerade in der Musik sollte uns ein abweichender Weg nicht davon abhalten, uns auszudrücken.


Kommentare

* Pflichtfelder

Neuer Kommentar
Ihr Beitrag wird nach redaktioneller Prüfung veröffentlicht.

Archiv

Hier finden Sie alle Artikel, die in der Schweizer Musikzeitung seit der ersten Ausgabe im Januar 1998 erschienen sind: Printarchiv

Artikel, die in der Schweizerischen Musikzeitung (bis 1983) erschienen sind, finden Sie in Bibliotheken (z.B. Zentralbibliothek Zürich, Schweizerische Nationalbibliothek).

Inserieren in der SMZ

Die Schweizer Musikzeitung bietet ein vielfältiges Umfeld für Ihre Inserate. Weitere Details finden Sie hier: Inserieren

Abonnieren Sie die SMZ

Die Printausgabe der Schweizer Musikzeitung erscheint 9 mal jährlich (Doppelnummern Januar/Februar, Juli/August und September/Oktober). Hier können Sie ein Abonnement bestellen: Abonnieren

Aktuelle Anzeigen

Stellenanzeigen

Hier werden Sie zu den aktuellen Stellenangeboten weitergeleitet. Weitere Inserate finden Sie in der Printausgabe.

Kauf/Verkauf

Hier werden Sie zu den aktuellen Angeboten weitergeleitet. Weitere Inserate finden Sie in der Printausgabe.

Kurse und Veranstaltungen

Hier werden Sie zu den aktuellen Angeboten weitergeleitet. Weitere Anzeigen finden Sie in der Printausgabe oder im Kurskalender.

Konzertagenda

Hier werden Sie zu den aktuellen Veranstaltungen weitergeleitet.

Tagungen / Symposien

Hier werden Sie zu aktuellen Tagungen und Symposien weitergeleitet.

Wettbewerbe

Hier finden Sie Links zu Wettbewerben.

Zur Geschichte der Schweizer Musikzeitung

1998 fusionierten sechs Verbandsorgane zur Schweizer Musikzeitung

Musikzeitschriften gibt es in der Schweiz seit dem 19. Jahrhundert; sie stehen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Chorgesang. Nach einer Periode der Zersplitterung entstand 1998 aus der Fusion von sechs Verbandsorganen die Schweizer Musikzeitung.

2008 feierte die Schweizer Musikzeitung ihr 10-jähriges Bestehen. Dies war der Anlass, einen Blick auf ihre lange Vorgeschichte zu werfen. Siehe Artikel Vom Sängerblatt zur SMZ in: SMZ 1/2008, S. 5 ff.

Im Januar 2013 wurde die Schweizer Musikzeitung neu gestaltet und inhaltlich erweitert. Relaunch

Wir danken der Fondation Suisa, der Schweizerischen Interpretenstiftung, der Stiftung Phonoproduzierende und der Pro Helvetia für die Unterstützung dieses Neuauftritts.

Am 28. November 2014 beschloss die ausserordentliche Delegiertenversammlung des Vereins Schweizer Musikzeitung, die NZZ Fachmedien AG ab 1. Januar 2015 als Verlegerin und Herausgeberin der Schweizer Musikzeitung einzusetzen und den Verein Schweizer Musikzeitung zu liquidieren. Siehe Nachricht.

Ab dem 1. Januar 2020 gehörte die Schweizer Musikzeitung zur CH Regionalmedien AG.
(Nach der Gründung des Joint Ventures CH Media im Jahr 2018 durch die NZZ und die AZ Medien ging die NZZ Fachmedien AG an die CH Regionalmedien AG.)

Per 1. Oktober 2020 wurde die Schweizer Musikzeitung von der Galledia Fachmedien AG übernommen. Siehe Mitteilung der CH Media.