Übersetzung des Editorials aus der Printausgabe 5/2013  

Ungeliebt, aber überall dabei

Jean-Damien Humair, 09.05.2013

Übersetzung Pia Schwab

Wenn wir Akkordeon hören, denken wir nicht nur an ein Instrument. Verschiedene, oft negativ besetzte Bedeutungen schwingen mit. So hat man ihm eine ganze Menge, meist wenig schmeichelhafter Übernamen verpasst: Maurer-, Schiffer- oder Arme-Leute-Klavier, um die Distanz zu einem richtigen Klavier deutlich zu machen, Heimatluftkompressor, um es in eine bestimmt «Musikecke» zu stellen, oder gar Quetschkommode. Es ist der Prügelknabe unter den Instrumenten.

Seltsam ist dann aber, dass dieses ungeliebte Akkordeon überall zu finden ist: in den schottischen Jigs, den Tänzen der rumänischen Fahrenden, dem argentinischen Tango, der französischen Musette und in einer ganzen Bandbreite von schweizerischer Volksmusik.

Das Akkordeon ist einfach zu transportieren und kam so mit Soldaten und Seeleuten rasch um die ganze Welt. Zudem kann es ein ganzes Orchester ersetzen. Vielleicht wurde es darum von anderen Musikern schief angeschaut: Im 19. Jahrhundert verloren viele Dorforchester durch das aufkommende Akkordeon ihre Arbeit. Es konnte eine Festgesellschaft ganz allein unterhalten, ganz ähnlich wie das heute ein DJ tut.

Vermutlich war es auch die Allgegenwärtigkeit, die schliesslich zur Ablehnung des Akkordeons führte. In meiner Kindheit war es ohne Frage zum Instrument geworden, das unsere Eltern hörten (ob sie nun Jodel- oder Jacques-Brel-Fans waren). Und wir Jungen mieden es aus Prinzip. Heute ist das zum Glück anders. Heute ist das Akkordeon wieder ins Zentrum des Interesses gerückt: in der neuen Volksmusik, aber auch in der Avantgarde.

Die «Handorgel» ist kein «Klavier zweiter Klasse», es ist ein unglaublich ausdrucksstarkes Instrument, das einen Ton unendlich lange aushalten kann und jederzeit dessen Intensität, Timbre und Vibrato kontrollieren kann. Und es ist ein vielfältiges Instrument, das je nach Gegend unterschiedliche Ausprägungen kennt. Willkommen also in der Welt des Akkordeons und des Schwyzerörgeli (von dem ich schon immer geträumt habe, es einmal bei Scrabble legen zu können).

Herzlich
Ihr

Jean-Damien Humair
 


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2008 feierte die Schweizer Musikzeitung ihr 10-jähriges Bestehen. Dies war der Anlass, einen Blick auf ihre lange Vorgeschichte zu werfen. Siehe Artikel Vom Sängerblatt zur SMZ in: SMZ 1/2008, S. 5 ff.

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(Nach der Gründung des Joint Ventures CH Media im Jahr 2018 durch die NZZ und die AZ Medien ging die NZZ Fachmedien AG an die CH Regionalmedien AG.)

Per 1. Oktober 2020 wurde die Schweizer Musikzeitung von der Galledia Fachmedien AG übernommen. Siehe Mitteilung der CH Media.