
Und wenn der Wettbewerbvorbei ist?
Um den eigentlichen Wettbewerb herum wurde in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Vertiefungsmöglichkeiten gebaut. Das Programm 2022 steht grösstenteils fest.
Heinrich Baumgartner — 1975, elf Jahre nach Deutschland und sieben Jahre nach Österreich, fand erstmals in der Schweiz ein nationaler Jugendmusikwettbewerb statt. Begründet wurde er von Gerd Albrecht, dem damaligen Chefdirigenten des Tonhalle-Orchesters, der im Wettbewerb ein wichtiges Instrument zur Nachwuchsförderung sah. Und so wurde der Schweizerische Wettbewerb auch bis 1999 von der Tonhalle-Gesellschaft veranstaltet und erst dann an eine frisch gegründete privatrechtliche Stiftung übertragen.
Die Vorzüge eines Wettbewerbs zur Nachwuchsförderung liegen auf der Hand: Die Teilnehmenden haben die Gelegenheit, sich mit Gleichaltrigen zu messen, erhalten ein Feedback oder eine Bestätigung für ihr Tun und haben in ihrem Hobby, das von der jahrelangen Entwicklung lebt, ein kurzfristiges Ziel. Der grösste Nachteil dieser Form liegt aber ebenfalls in der Kurzfristigkeit: Ist der Wettbewerb vorbei, muss die Motivation fürs Üben und die Weiterentwicklung wieder von anderer Seite her eingerichtet werden. Diesem Nachteil versucht die Leitung des Schweizerischen Jugendmusikwettbewerbs – vor allem seit der Einrichtung einer professionellen Geschäftsstelle 2004 und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen - auf zwei Ebenen entgegenzuwirken.
Da ist auf der einen Seite die Ausweitung des ursprünglich rein klassischen Instrumental- und Gesangs- Wettbewerbs auf Bereiche, in denen die Wettbewerbsteilnahme nicht aus einem kurzen Vorspiel besteht, Bereiche wie die Komposition oder die Kategorie Free Space oder die vor zehn Jahren eingeführte stilistische Erweiterung auf Jazz und Pop, Stile also, in denen die Bandtätigkeit und neben dem Live-Auftritt die Online-Selektion eine grosse Rolle spielen.
Auf der anderen Seite «begleiten» die vielfältigen Tätigkeiten, die unter der Bezeichnung ff-Programme (Follow Ups) zusammengefasst werden, besonders erfolgreiche Wettbewerbsteilnehmende auch zwischen den Wettbewerben. Viele dieser Aktivitäten sind für 2022 bereits fix geplant. Inhaltlich liegt das Schwergewicht dabei auf der intensiven Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik.
Ende Juni 2022 findet ein Workshop mit dem stilistischen Grenzgänger Daniel Schnyder statt. An Schnyder ging einer der Kompositionsaufträge, die im Hinblick auf das Jubiläum des Jugendmusikwettbewerbes vergeben worden sind.
Der zweite Auftrag ging an den Komponisten Richard Dubugnon. Er wird im Oktober 2022 den achten von der Hirschmann-Stiftung unterstützten Meisterkurs leiten, an dem Preisträger*innen des Finales des SJMW in Kammermusik-Wettbewerben teilnehmen dürfen.
Ebenfalls von der Hirschmann-Stiftung unterstützt wird der zweite europäische Meisterkurs, der u.a. in Zusammenarbeit mit der emcy, der europäischen Organisation für Jugendmusikwettbewerbe, durchgeführt wird. Der Meisterkurs findet unter der Leitung von Oscar Bianchi im September 2022 statt. 2021 fand der erste europäische Hirschmann-Meisterkurs in Linz statt.
Im August 2022 findet in Gstaad die von der Ruth Burkhalter-Stiftung zur Förderung junger Musiktalente unterstützte Barock-Akademie mit Maurice Steger statt. An ihr nehmen neben Musikstudierenden Preisträger*innen des Finales des SJMW teil.
Bereits im Juni 2022 - Anmeldeschluss ist Ende März – besteht vor allem für Finalist*innen des SJMW die Möglichkeit einer Teilnahme am speziellen Streicher-Ensemblekurs in Weggis mit Tina Strinning und Baiju Bhatt.
Neben diesen Kursen und Workhops, die neben den wertvollen fachlichen Anregungen und Hinweisen immer auch wichtige Begegnungsorte sind, besteht für Preisträger*innen des Wettbewerbs die Möglichkeit zu professionellen Studioaufnahmen im Jazzcampus Basel oder in der Zürcher Hochschule der Künste und zu Konzertauftritten an den Bachwochen Thun, am Herbst in der Helferei, am Offbeatfestival Basel, in der Esse-Musicbar in Winterthur oder im Rahmen des Forums Musikalische Bildung im Januar 2023.
Soweit ist das «Rahmenprogramm» des Musikwettbewerbs bereits bekannt. Es ist anzunehmen, dass bis Ende Jahr noch weitere Stationen dazukommen werden. Detailinformationen finden sich laufend aktualisiert auf der Homepage des Wettbewerbs. Bei Fragen erteilt auch die Geschäftsstelle gerne Auskunft.