
Neue Klänge am SJMW
Kinder und Jugendliche komponierten am Schweizer Jugendmusikwettbewerb. Ein Gesprächmit Matthias Arter, Initiator des Kompositionswettbewerbs und seit 2014 Präsident der Jury.
Alle zwei Jahre schreibt der Schweizer Jugendmusikwettbewerb auch einen Wettbewerb in Komposition aus. Für das Finale 2016 haben sich sieben junge KomponistInnen qualifiziert. Matthias Arter war zusammen mit Alfred Zimmerlin, Victor Cordero, Bettina Skrzypczak und Madeleine Ruggli in der Jury, Wir sprachen mit ihm.
Matthias, wie sehen die Stücke aus, die für den Wettbewerb eingesandt wurden?
Es sind eher kurze Stücke von 3 - 8 Minuten Dauer, stilistisch durchaus vielfältig, auch dem Alter entsprechend. Bei den Jüngeren sind es häufig Stücke für das eigene Instrument, aus denen erkennbar die eigenen Spielerfahrungen sprechen. Bei den Älteren verfeinern sich die Kenntnisse auch von anderen Instrumenten. Man konnte Solo- oder Kammermusikwerke eingeben, wobei sich auch in diesem Jahr mehr Solostücke fürs Finale qualifizierten.
Und hinsichtlich Stil?
Stilistisch gehen einige Arbeiten von einer Unterhaltungsmusik-Ästhetik aus, was für die Jury aber prinzipiell kein Hinderungsgrund für eine günstige Beurteilung ist, wenn es ideen- und kenntnisreich umgesetzt ist. Andere Werke sind in einer modernen, eher atonalen und teilweise auch experimentellen Art geschrieben, was interessant sein kann, wenn sich die Musik nicht darin erschöpft, katalogartig ein paar spezielle und möglichst aussergewöhnliche Spieltechniken zu notieren.
Und die Teilnehmenden?
…die Teilnehmenden sind gendermässig ausgewogen, zwischen 10 und 20 Jahre alt, am meisten vertreten ist die Alterskategorie 4, also die Ältesten. Deutsch- und Westschweiz sind gut vertreten, Tessin eher punktuell.
Welches Fazit ziehst Du aus den bisherigen Durchführungen?
Da er nur jeweils in den geraden Jahren durchgeführt wird, ist dies erst die fünfte Austragung. Jedes Mal bekamen wir ernst zu nehmende Arbeiten. Ja, es lohnt sich, die Kinder und Jugendlichen zum Aufschreiben ihrer Ideen zu bewegen! Die Aufführungen am Finalwettbewerb und die Diskussionen beim Jurygespräch danach sind immer sehr anregend – sowohl für die Teilnehmenden wie für die Jurymitglieder. Wichtig ist, dass sich alle intensiv mit dem Thema «Musik und Notation» auseinandersetzen: nicht nur eine Grundidee ist wichtig, es braucht ein Metier für die Entwicklung von Ideen, für deren detaillierte Notation. Es geht also nicht ohne ein gewisses Fachwissen und eine Erfahrung, damit aus «aufgeschriebenen Noten» tatsächlich Musik wird.
Wie läuft denn der Kompositionswettbewerb überhaupt ab?
Nachdem wir die Partituren zuerst individuell studiert haben, diskutieren wir sie in der Jury …
Nach welchen Kriterien?
Ob eine eigene Idee und/oder Durchführung zu erkennen ist, ferner: Wie präzis kommen die Absichten der Komponistin/des Komponisten daher?, und vor allem bei den Alterskategorien 3 und 4 beurteilen wir die kompositorischen und instrumentenspezifischen Kenntnisse. Diese Vorauswahl entspricht der Entrada, denn die Stücke, die wir nach diesen Kriterien in einer Aufführung hören möchten – und von denen wir denken, dass auch die KomponistInnen hören sollten, was sie geschrieben haben – wählen wir für das Finale aus. Das Finale findet als Konzert statt, deren Interpretationen von den KomponistInnen selber verantwortet werden. Solostücke spielen sie häufig selber, die Kammermusik studieren sie mit befreundeten MusikerInnen ein. Wer nicht für das Finale ausgewählt wird, erhält ein schriftliches Feedback mit einer Begründung der Jury. Dies entspricht der Grundidee des Wettbewerbes, dass alle Teilnehmenden am Entradawettbewerb die differenzierte Meinung der Jury erfahren sollen, nicht nur diejenigen, die sich für das Finale qualifizieren. Das Feedback bedeutet schliesslich immer auch Ermutigung und Anregung für die zukünftige Arbeit.
Zum Schluss gerne noch zwei Fragen, die Dich selber betreffen. Hast du auch als Kind oder Jugendlicher bereits komponiert?
Nicht wirklich. Wenn es damals schon einen Wettbewerb gegeben hätte, hätte ich dies möglicherweise zum Anlass genommen, etwas aufzuschreiben und dann damit zu scheitern (er lacht)
Was erwartest du persönlich von Kindern/Jugendlichen, die komponieren?
Wichtig sind mir ein eigenständiger Zugang und eine Notation, die für Aussenstehende klar und differenziert ist. Auch der Umgang mit bestehender Musik soll differenziert sein: allzu klar erkennbare Vorbilder sehe ich nicht gerne. Das kann in einem Unterricht gelernt werden. Ich verweise auf Kompositionsseminare für Kinder und Jugendliche und entsprechende Angebote einiger Institutionen. Aber selbstverständlich ist auch der autodidaktische Zugriff möglich und wertvoll: ich selber habe beispielsweise nie Komposition studiert und bin damit nicht alleine! Was bei einem Instrument wohl nahezu undenkbar ist, kann beim Komponieren (und übrigens auch beim Dirigieren) durchaus erfolgreich sein.
Besten Dank für das Gespräch!