
Neue Ideen für SJMW-Preisträger
Preisträgerinnen und Preisträger des SJMW arbeiteten im 3. Hirschmann-Meisterkurs mit dem Komponisten Fabian Müller.
Hans-Ulrich Munzinger — Zum 3. Mal fand in Werdenberg der Hirschmann-Meisterkurs statt. Der Kurs ist einer der Sonderpreise des SJMW. Während einer Woche wird mit erfahrenen Dozentinnen und Dozenten Kammermusik gearbeitet. Organisiert von Valérie Loher, der Geschäftsleiterin des SJMW, erhielten die Teilnehmer dieses Jahr die Möglichkeit zu einer Begegnung mit einem Komponisten und zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik. Urs Walker, Konzertmeister des Collegium novum Zürich, leitete den Workshop «Zeitgenössisch? Giocosamente furioso!». Pianist Andreas Szalatnay arbeitete zum Thema «Der improvisatorische Anteil einer Interpretation». Und schliesslich war ein Komponist zu Gast, Fabian Müller, um mit den Jugendlichen an seinen Werken zu arbeiten. Ein Wagnis? Ja!, sagt Fabian Müller, er habe Erfahrung in der Arbeit mit Profis und sei daher gespannt auf die Jugendlichen.
Fabian Müller, wie sind Sie als Kind zur «Zeitgenössischen Musik» gekommen?
Ich habe von klein auf Cello und Klavier gespielt. Ab dem 12. Altersjahr habe ich komponiert, da ich eng mit Volksmusik verbunden aufgewachsen bin: Polkas, Walzer usw. Für ein Laienorchester ist dann später – autodidaktisch – eine Orchesterkomposition entstanden. Ich bin aber weitgehend mit dem traditionellen Repertoire aufgewachsen. Mahler und Tschaikowsky habe ich gerne gehört. Dann auch Schostakowitsch, Bartòk.
Heute leben Sie von Ihrer Arbeit als freischaffender zeitgenössischer Komponist …
Ich habe bald bemerkt, dass Komponieren meine eigentliche musikalische Lieblingsbeschäftigung ist. Durch meinen Lehrer Josef Haselbach wurde ich enorm gefördert, motiviert und unterstützt. Er kam meiner Offenheit mit seiner Offenheit ideal entgegen. Haselbach hatte das feu sacré! Es brauchte dann allerdings eine gewisse Zeit, bis Komponist-Sein als Beruf für mich funktionierte. Seit 10 Jahren nun lebe ich als freischaffender Komponist.
Was sind wichtige Komponisten für Sie?
Ich habe vor allem Zugang zur gemässigten Avantgarde: Messiaen, Dutilleux, Lutoslawski, Britten, überhaupt die englischen und nordischen Komponisten, darunter vor allem der letztes Jahr verstorbene Rautavaara, mit dem ich viele Jahre befreundet war. In der Frage, was «Neue Musik» sein soll, hatte ich nie Mühe, mich klar zu positionieren. Ich habe meine Wurzeln, die auch von Volksmusik bestimmt sind. Ich glaube an die Intuition und an den musikalischen «Einfall». Weil ich vielleicht etwas traditioneller «gestrickt» bin als andere, waren meine Kompositionen in der Vergangenheit für viele in der «zeitgenössischen“ Musikszene ein «rotes Tuch» und war Fabian Müller entsprechend oft nicht «förderungswürdig». Doch die Zeiten haben sich zum Glück geändert. Ich glaube nicht an Dogmen. Was erlaubt sein soll und was nicht, ist kein Kriterium für mich. Authentisch sein, ist mir wichtig.
Mittwoch, 11. Oktober. Im Saal der Musikschule Werdenberg versammeln sich die Teilnehmenden des 3. Hirschmann-Meisterkurses, die Dozentinnen und Dozenten sowie Gäste. Das regionale Fernsehen ist auch dabei. Der Arbeitsnachmittag mit Fabian Müller beginnt. «Ihr dürft mich alles fragen, wir sind unter uns!» Die eröffnenden Worte nehmen den Teilnehmenden die Scheu. Sie sind von den DozentInnen hervorragend vorbereitet. Fabian Müller erläutert in direkten, fasslichen Worten seine Arbeit als Komponist: «Mit Papier, Bleistift und Gummi, ganz traditionell!» Für die ersten Skizzen zu einem neuen Stück zieht er sich zurück. «Dieses Werk zum Beispiel entstand in Venedig. Die Stadt ist fast zu schön zum Komponieren!» Die jungen Interpreten haben die Kammermusikwerke in kurzer Zeit erarbeitet. Sie spielen ausgezeichnet. Was korrigiert der Komponist? Was möchte er anders hören? Wo greift er ein? Zunächst hört Fabian Müller zu. Dann beginnt er die Arbeit. Die nötige Freiheit ist ihm wichtig. Dass seine Musik atmet. Dass die Ideen von Freiheit und Strenge klar hervortreten. Als Musiker mit nahem Bezug zur Volksmusik ist ihm die Einhaltung der metrischen und rhythmischen Strukturen zentrales Anliegen. Strenge und Freiheit. Dass Formteile ihre überzeugende Darstellung erfahren und ihren typischen Gestus haben. Ruhe, Entfaltung, Ausbruch. «Das ist ein Windgeräusch. Weniger Ton, mehr Bogen! ... Das tönt nicht wild genug! ... Das soll trockener tönen, wie die Kargheit auf einer hohen Alp». Fabian Müllers starkem Ausdrucksbedürfnis folgen die jugendlichen Musikerinnen und Musiker mit Einfühlung und Können. Auch Humor und Augenzwinkern haben in seiner ambitionierten Musik ihren Platz. Lag es an der faszinierenden Arbeit mit dem Komponisten, dass die Werke auch für die Zuhörenden nach und nach fasslicher wurden?
Fabian Müller ist begeistert über die Auseinandersetzung der Jugendlichen mit seiner Musik und die intensiven Interpretationen. Der Hirschmann-Meisterkurs bot ein ideales Forum dazu. Bereits wird eine Fortsetzung der Arbeit ins Auge gefasst. «Ich bin begeistert und berührt, wie die jugendlichen Musikerinnen und Musiker meine Werke gespielt haben. Es war ein Erlebnis für mich! Ich danke allen für den grossen Einsatz.»