
Reihe 9 # 61
Soviel «Zwei» war noch nie. Nein, ich meine nicht die vielerorts geltenden, genau zählenden Zugangsbeschränkungen. Manchmal reicht auch der Blick in den Kalender. Auf allen Standesämtern dieser Welt wird man jedenfalls schon im letzten Jahr den diesjährigen 22. Februar rot gerahmt haben. «Schnapszahlen» bei wirklich wichtigen Daten des Lebens können nicht so schnell in Vergessenheit geraten …
Doch einmal die Zahlen beiseitegelegt. Für mich gab es bereits im Dezember an direkt aufeinanderfolgenden Tagen ein Doppel-G als eindrückliches Lebenszeichen regionaler Kultur und internationaler Kontakte: Giovanni & Gergiev. Kurzentschlossen war der Besuch einer kurzweiligen Aufführung von Mozarts Don Giovanni im Theater Pforzheim. Die sehr klare Personenführung und das lustvolle Spiel des Ensembles machten am Ende vergessen, dass die Inszenierung den finalen Abgang des Titelhelden wahrlich unspektakulär gestaltet hatte. Ein wenig mehr echtes Drama darf an dieser Stelle aber schon sein, auch oder gerade wenn auf der Bühne vieles andere im Zeichen des oftmals in den Hintergrund gedrängten «giocoso» steht. Wieder einmal beeindruckte mich, was ein vergleichsweise kleines Haus souverän auf die Bretter bringt und wie es das eigene Publikum selbst in schwierigen Zeiten nicht im Stich lässt.
In diesem Sinne zeigte sich auch das mondäne Festspielhaus in Baden-Baden mutig: Obwohl nur ein Viertel der verfügbaren Karten in den Verkauf gelangten (gefühlt war im grosszügigen & geräumigen Saal freilich noch weniger Publikum anwesend), hatte man auf das umfassend angekündigte winterliche Gastspiel des Mariinsky-Orchesters unter der Leitung des Münchner Musikgenerals Gergiev nicht verzichtet. Die drei frühen Ballette von Igor Strawinsky standen auf dem langen Programm – perfekt bis ins Detail zelebriert und doch ohne jenes Momentum, das einem diese Musik auch nach einhundert Jahren noch revolutionär erscheinen lässt (anders als dies im Sommer Xavier Roth und Les Siècles in der Berliner Philharmonie mit dem Sacre gelungen war). Doch was für ein Luxus! Gleich zwei Sacre-Aufführungen binnen weniger Monate – hochkarätig und doch so grundverschieden.
Was mich in der Rückschau beruhigt: Ganz gewiss wird auch 2022 ein musikalisches Jahr werden! Bleiben Sie daher glücklich & gesund.
Ihr
Michael Kube