FMB 2020: Bildungspolitischer Auftakt und Aspekte des gesellschaftlichen Wandels
Das Forum Musikalische Bildung FMB wird im Januar 2020 zum neunten Mal durchgeführt.
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- Foto: © BAK/NB Fabian Scherler
- Die Direktorin des Bundesamtes für Kultur spricht am FMB zur neuen Kulturbotschaft.
Niklaus Rüegg – Das FMB 2020 steht unter dem Dachthema «Wege zum Ziel: Chancen einer Gesellschaft im Wandel». Am Freitag, 17. und Samstag, 18. Januar 2020 werden im TRAFO Baden namhafte Referenten die Aus¬wirkungen aktueller gesellschaftlicher und politischer Herausforderungen auf die musikali¬sche Bildung aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten und mögliche Antworten aufzeigen. Der erste Tag steht im Zeichen der Bildungspolitik und der weiteren Umsetzung des Art. 67a VA. Anlass dazu bildet die Kulturbotschaft 2021–2024 des Bundes, deren Vernehmlassung dann abgeschlossen sein wird. Der zweite Tag behandelt Aspekte des gesellschaftlichen Wandels und dessen Bedeutung für die musikalische Bildung. Beide Tage werden ergänzt durch spannende Diskussionsrunden mit Beteiligung weiterer Experten sowie den Good Practices aus den Schweizer Musikschulen.
In den nächsten Nummern werden an dieser Stelle die Referentinnen und Referenten des FMB 2020 vorgestellt. Den Anfang macht die Direktorin des Bundesamtes für Kultur, Isabelle Chassot.
Frau Chassot, in der laufenden Kulturbotschaft 2016 – 2020 wurde das Programm Jugend und Musik eingeführt. Wie beurteilen Sie dessen bisherige Entwicklung?
Wir sind mit der Entwicklung des Programms J+M sehr zufrieden. Seit dessen Einführung wurden bereits gegen 900 J+M-Leitende zertifiziert, über 750 J+M-Kurse und -Lager durchgeführt und damit knapp 25'000 Kinder und Jugendliche erreicht. Die Zahlen nehmen stetig zu. Die Weiterentwicklung des Programms J+M ist ein wichtiges Ziel des Bundes für die Förderperiode 2021–2024. Im Hinblick darauf wurde 2018 entschieden, die seit dem Programmstart erfolgten Aufbauarbeiten im Sinne einer Zwischenbilanz hinsichtlich Zielerreichung, Qualität und Effizienz einer externen Evaluation zu unterziehen. Im Ergebnis zeichnet die Evaluation ein sehr erfreuliches Bild des Programms J+M in seiner Startphase. Die Empfehlungen des Evaluationsteams betreffen punktuelle Verbesserungen und erfordern keine grundsätzliche Kurskorrektur. Der Evaluationsbericht kann auf der Webseite von Jugend und Musik unter Informationen eingesehen werden.
Eine Umfrage des BAK hat ergeben, dass der Artikel KFG 12a zu den Tarifen an den Musikschulen bis jetzt keine Wirkung gezeigt hat. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Die Umfrage zeigt, dass der chancengerechte Zugang für alle Kinder und Jugendlichen - das Ziel von Art. 12a KFG - erst teilweise umgesetzt wird. Sie zeigt keine Wirkung, weder eine positive, noch – entgegen den seinerzeit geäusserten Befürchtungen der Musikschulen – eine negative. Die Gesetzesbestimmung scheint kaum bekannt zu sein. Die Gründe dafür können mannigfaltig sein und bedürfen einer vertieften Analyse.
Die Musikalische Bildung ist in der aktuellen Botschaft mit der Begabtenförderung erneut prominent vertreten. Wie gedenkt der Bund sich an der Förderung talentierter junger Musikerinnen und Musiker zu engagieren?
Bereits heute vergibt der Bund namhafte Finanzhilfen an nationale Formationen, Wettbewerbe und Festivals, von denen viele junge talentierte Musikerinnen und Musiker profitieren. Darüber hinaus sieht der Bund seine Rolle vor allem in der Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen, um eine vernetzte, national koordinierte Förderung von musikalisch begabten Kindern und Jugendlichen zu erreichen.
Gemäss dem erläuternden Bericht zur Kulturbotschaft soll KFG Art. 12 mit einem Abs. 4 ergänzt werden, in welchem die Begabtenförderung in einer «Kann-Formulierung» erscheint. Wie verbindlich ist eine solche Bestimmung?
Der Bund wird in Artikel 67a der Bundesverfassung verpflichtet, im Bereich der Begabtenförderung tätig zu werden. Dazu legt er Grundsätze zur Förderung musikalisch Begabter fest. Der neue Absatz 4 besagt, dass der Bund zur Umsetzung seines Auftrags spezifische Massnahmen ergreifen kann. Die vorgeschlagene Formulierung entspricht derjenigen in anderen Förderbereichen des Kulturförderungsgesetzes.
Sie werden sich im Januar 2020 am Forum Musikalische Bildung zur neuen Kulturbotschaft äussern. Welche Gesichtspunkte werden Sie hervorheben?
Im Januar 2020 werden die Stellungnahmen zum Entwurf der Kulturbotschaft vorliegen. Nebst den Informationen zu den Leitlinien der Kulturbotschaft 2021 – 2024 und den spezifischen Fragestellungen im Bereich der Musikalischen Bildung werde ich besonders auf die Ergebnisse aus der Vernehmlassung und das weitere Vorgehen eingehen.
Wie wird das Zusammenwirken von Bund, Kantonen, Gemeinden und Musikschulen bei der Begabtenförderung konkret aussehen?
Auf kantonaler und kommunaler Ebene bestehen verschiedene Angebote im Bereich der musikalischen Begabtenförderung. Der Bund will auf bestehenden bzw. neu zu schaffenden Begabtenförderungsprogrammen der Kantone aufbauen. Er sieht die Einführung einer Talentkarte Musik vor, die den Karteninhaberinnen und –inhabern den Zugang zu kantonalen Förderangeboten ermöglicht. Wo noch keine entsprechenden Förderangebote bestehen, soll der Bund eine Anschubfinanzierung für den Aufbau leisten können.
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine sinnvolle Förderung greifen kann?
Es braucht geeignete Rahmenbedingungen zur frühen Erkennung und stufengerechten Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen musikalischen Potenzialen. Dazu soll ein Förderungskonzept erarbeitet werden. Für die Umsetzung der Begabtenförderung bedarf es auch finanzieller Mehrmittel.
Mit welchen Partnern wird das Förderungskonzept erarbeitet werden und wann wird es vorliegen?
Die Vernehmlassung zur Kulturbotschaft 2021 – 2024 dauert bis zum 20. September 2019. Alle Organisationen und Institutionen sind eingeladen, sich zum Entwurf zu äussern. Je nach Ergebnis der Vernehmlassung wird der Botschaftsentwurf allenfalls angepasst werden und anschliessend vom Bundesrat dem Parlament zur Beratung unterbreitet. Erst wenn das Parlament grünes Licht zum Vorschlag gegeben hat, werden die Arbeiten an einem Förderkonzept anlaufen können. Wichtigen Anspruchsgruppen sollen selbstverständlich einbezogen werden. Das Programm wird nach aktueller Planung frühestens 2022 anlaufen.
In der Novembernummer werden Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands, Altstätten, SG, und Max Fuchs, Professor für Bildungswissenschaften, Universität Duisburg-Essen vorgestellt. Sie werden am FMB zu den Themen «Politisch erfolgreich sein – was man von den Bauern lernen kann?» bzw «Kulturelle Teilhabe führt über kulturelle Bildung» sprechen.