Starkes Engagement für die EMU 

Enge Bande zum Europäischen Dachverband

Niklaus Rüegg, 03.09.2018

Die Zusammenarbeit hat Tradition. Helena Maffli und Christine Bouvard haben sich in den letzten Jahren in der EMU stark engagiert

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Christine Bouvard pflegt die Zusammenarbeit mit der EMU.

Niklaus Rüegg – Die Gründung der European Music School Union EMU im Jahr 1973 in Saarbrücken – bereits unter Schweizer Beteiligung – war direkter Auslöser für die Erschaffung unseres nationalen Verbandes zwei Jahre später. Von Beginn an hat sich die Schweiz stets aus Überzeugung intensiv im Vorstand der EMU engagiert. Helena Maffli wirkte bis letzten Frühling während sechs Jahren als Präsidentin der EMU. VMS-Präsidentin Christine Bouvard folgt ihr jetzt im Vorstand nach und bekleidet neu das Amt der Vizepräsidentin.
Die Zeit ist gekommen, wieder einmal einen Blick auf die Arbeit im Europäischen Dachverband zu werfen. Christine Bouvard berichtet über Sinn und Zweck der EMU sowie über ihre Motivation für ein Engagement auf europäischer Ebene. Helena Maffli gibt einen Rückblick auf ihre dreizehnjährige Arbeit im Vorstand.

Christine, am 8. Mai 2018 wurdest Du zur neuen Vizepräsidentin der EMU gewählt. Noch einmal herzliche Gratulation! Was bedeutet diese Wahl für Dich?
Herzlichen Dank! Die Wahl bedeutet für mich persönlich, aber auch für den Verband Musikschulen Schweiz, eine besondere Ehre und Freude. Ich danke den Delegierten der Mitgliedsländer der EMU für das ausgesprochene Vertrauen. In den kommenden drei Jahren darf ich nun die direkte Vertretung unseres Landes im Ausschuss fortsetzen, nachdem sich Helena Maffli während dreizehn Jahren im Vorstand der EMU, davon sechs Jahre als Präsidentin, engagiert hat. Seit acht Jahren habe ich mich als Delegierte des Verbandes Musikschulen Schweiz bereits vielseitig in der EMU engagiert, nun freue ich mich, dies noch vertiefter zu tun. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Board, bestehend aus dem Präsidenten Philippe Dalarun (Frankreich), Aleksandar Djuric (Serbien), Romain Asselborn (Luxemburg), Michaela Hahn, (Österreich) und Silja Aavik (Estland) hat nun bereits begonnen.

Was möchtest Du bewirken in deinem neuen Amt?
Wir stehen gesellschaftlich in einer ungemein spannenden Zeit des Wandels. Meine Erfahrung und mein Engagement möchte ich daher hauptsächlich zugunsten des Austauschs von Wissen und Erfahrungen zu Fragen der Gestaltung der musikalischen Bildung von morgen einbringen. Das ist gerade in der kulturellen Diversität Europas eine zentrale, gleichsam herausfordernde wie bereichernde Aufgabe. Die seit kurzem bestehenden regionalen Ländergruppen der EMU bieten dazu ideale runde Tische. Weitere Gefässe, wie die internationalen Capacity Building-Seminare, das jährliche Fachforum, die Meetings aller Landesvorstände sowie das traditionelle Europäische Jugendmusikfestival bieten Gelegenheit für intensivere Vernetzung über die eigenen Landesgrenzen hinweg. Im Hinblick auf eine gemeinsame Ausrichtung der Bildungspolitik ist die Entwicklung von Partnerschaften mit anderen internationalen Bildungsorganisationen, der Forschung sowie kulturellen und politischen Partnern ein Schlüsselelement. In unserem föderalen Land mit seiner Vielfalt in unterschiedlichsten Bereichen sind unterschiedliche Denkweisen und der Respekt von Minderheiten eine gewohnte tägliche Herausforderung. So denke ich, natürliche Fähigkeiten mitzubringen, um Menschen zu verbinden und nach den Lösungen zu suchen, die der EMU dienen.

Wie kommt es, dass sich die Schweiz in der Organisation traditionell stark engagiert, obwohl sie formell-politisch nicht zu Europa gehört?
Die EMU versteht sich ja als europäisch im Sinne des Kontinents. Wir sind daher keineswegs die einzigen, die nicht der EU angehören. Aktuell zählt die EMU 26 Mitgliedsländer. Die Schweiz hat sich als Gründungsmitglied seit 1973 aus Überzeugung intensiv im Board und im Präsidium für dieses Netzwerk engagiert, um die musikalische Bildung und die gegenseitige Verständigung unter den europäischen Kulturen länderverbindend zu fördern. Liestal war denn auch bis 2009 Geschäftssitz der Union. Nachdem europäische Bildungsorganisationen auch EU- Gelder für ihre Projekte abholen konnten, ging der Sitz nach Bonn / D.

Welche Bedeutung hat ein Austausch über musikalische Bildung auf europäischer Ebene?
Die Bildung, besonders in den Bereichen der Kunst und Musik, spielt eine wesentliche Rolle für den Aufbau einer nachhaltigen Gesellschaft der Zukunft. Der Zugang zur musikalischen Bildung sichert zentrale Elemente einer ganzheitlichen Bildung für die Generationen von morgen, weil gerade damit Kernkompetenzen wie kreieren, handeln, auftreten im hier und jetzt, zuhören und aufeinander hören, üben und vieles mehr geschult und gelebt werden. Gerade Musik bietet zudem die Chance alle Menschen ohne Ausnahme mitzunehmen und zu verbinden. Diese Werte machen nicht Halt an der eigenen Landesgrenze. Die European Music School Union schafft ein wertvolles, starkes und interkulturelles Netzwerk zur Förderung dieser Werte innerhalb der Mitgliedsländer in ganz Europa. Die grosse Diversität, in der wir unterwegs sind in Europa schafft eine inspirierende Quelle und eröffnet neue Dimensionen, die die Entwicklung der Musikschulen im eigenen Land bereichern und gleichzeitig europaweit ein Selbstverständnis für eine bessere musikalische Bildung stärken. Die aktuellen Entwicklungen in den europäischen Ländern unterstreichen die Notwendigkeit eines gemeinsamen, nachhaltigen Engagements für die Förderung der Musikerziehung.

Welche Ziele verfolgt die EMU im Grundsatz?
Die EMU setzt die UNESCO-Prinzipien um, die durch das Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, den Fahrplan für kulturelle Bildung, die Agenda von Seoul und die Erklärung von Bonn definiert sind. Das Hauptanliegen ist das vielseitige Engagement und die öffentliche Sensibilisierung für eine Musikausbildung an den Musikschulen in hoher Qualität und im Respekt der Vielfalt der Kulturen in allen europäischen Ländern. Dazu gehört das Einstehen für den chancengleichen Zugang für alle. Zur Umsetzung dieser Ziele bietet das Netzwerk, zum Beispiel in der Mitwirkung in Arbeitsgruppen und an internationalen Guidelines, vielseitige Kooperationen und Kontakte zu internationalen Institutionen wie der UNESCO, dem EMC (European Music Council), dem IMC (International Music Council), der AEC (Association Européenne des Conservatoires et Musikhochschulen), zur Öffentlichkeit, den Behörden und anderen Organisationen.

Alle zwei Jahre richtet die EMU ein Jugendmusikfestival aus. Dieses Jahr wurde es in Sneek, Holland durchgeführt. Wie hast Du es erlebt und wie war unser Land vertreten?
Das EMU-Jugendmusikfestival war ein Highlight. 6‘000 Jugendliche musizierten während drei Tagen auf allen Plätzen des überschaubaren Städtchens, in Kirchen, im Theater und auf den beiden Hauptbühnen. Sie boten rund 1‘000 Konzerte in bester Qualität und zeigten eindrücklich, wie vielfältig die musikalische Kultur und das Schaffen der europäischen Musikschulen sind. Darunter befanden sich auch dreizehn Schweizer Musikschulen und Ensembles. Die Musikstile bewegten sich zwischen Klassik und Pop, Folklore und Jazz und vielem anderen mehr. Dank der Überschaubarkeit konnten die Jugendlichen auch Kontakte zu anderen Festivalbesuchergruppen knüpfen und freundschaftliche Vernetzung – zum Teil musikalisch – pflegen. Sehr beeindruckt hat mich der tägliche Grossaufmarsch des einheimischen Publikums, das die Jugendlichen begeistert mit Applaus verwöhnte.

Welche Projekte stehen an?
Die EMU widmet sich 2018 und 2019 zwei europäischen Projekten in Kooperation mit der AEC: das eine gilt der Thematik der musikalischen Bildung in der frühen Kindheit, das andere der Digitalisierung im Bereich der Musikschulen. Weiter stehen Capacity Building-Seminare in Frankreich und Estland an sowie das alle zwei Jahre stattfindende «Meeting of the Boards», das zur Weiterbildung aller Mitglieder der Landesvorstände vorgesehen ist. Letzteres wird in der Schweiz stattfinden.