Musikgeragogik mit eigenem Kongress 

Tagung über Alter und Musik

Niklaus Rüegg, 27.04.2018

Musikgeragogik kann in Luzern in einem CAS als Weiterbildung studiert werden. Die erste Schweizer Musikgeragogiktagung bot einen interessanten Überblick über das Thema.

Image
Willkommene Rhythmik-Auflockerung für die Tagungsteilnehmenden

Niklaus Rüegg – Im Oktober 2012 hat sich Marc Brand, Studienkoordinator Musikpädagogik Klassik an der Luzerner Hochschule und Experte für Musikgeragogik, mit der Fachtagung «Musikalisch aktiv bis ins Alter» hervorgetan. Das Thema Musizieren im Alter war bis dahin in der Schweiz noch kaum thematisiert worden und der Begriff «Musikgeragogik» war noch weitgehend unbekannt. Die Berner Hochschule der Künste nahm sich der Sache ebenfalls an und bietet seit einiger Zeit das CAS «Musikalisches Lernen über alle Lebensalter» an. Darüber hinaus läuft in Bern ein Forschungsprojekt zu Lern- und Lehrstrategien im Instrumentalunterricht 50plus.
Die Musikgeragogik beschäftigt die sich mit der musikalischen Bildung im Alter. Seit vielen Jahren wird diese Wissenschaft an deutschen Universitäten intensiv betrieben. Die Exponenten dieser Lehr- und Forschungseinrichtungen sind die Professoren Hans Hermann Wickel (FH Münster) und Theo Hartogh (Universität Vechta). Sie haben viele wissenschaftliche Texte publiziert und zeichnen gemeinsam als Herausgeber von Standardwerken zum Thema. Beide waren in Luzern mit von der Partie. Hans Hermann Wickel ist ein bekannter Gast bei musikgeragogischen Tagungen in der Schweiz. Er war bereits 2012 am ersten Luzerner Anlass als Referent beteiligt und in Bern hatte er einen Auftritt beim Symposium der Musikmedizinischen Gesellschaft «Musizieren im Alter» im Jahr 2014. Beim neuen Luzerner CAS wirkt er als Dozent mit.

Konzentrierte Weiterbildung
Am 10. April im «Südpol» wurde man in Referaten, Workshops und Diskussionen mit Erkenntnissen einer Wissenschaft vertraut gemacht, die nach den Worten des Direktors der Luzerner Musikhochschule Michael Kaufmann «eine brennende Fragestellung, die immer wichtiger wird in unserer Gesellschaft» behandelt. In seinem eindrücklichen Inputreferat beantwortete der renommierte deutsche Psychologe, Gerontologe und Musiker Andreas Kruse, Professor an der Uni Heidelberg, mittels auf dem Klavier selbst vorgetragener Musikbeispiele von Bach die Frage nach der Wirkung von Musik auf alte und auch demente Personen. Irene Bopp-Kistler, Geriaterin und leitende Ärztin an der Memory-Klinik am Waidspital Zürich – auch sie Dozentin im Luzerner CAS – schilderte den Abbau der kognitiven Funktionen von Demenzkranken. Das musikalische Gedächtnis bleibe aber oft erhalten, da es im hinteren Teil des Frontalhirns lokalisiert ist, welches vom fatalen Abbau verschont bleibt. Dieses Phänomen erkläre, wieso Demenzkranke auf Musik so stark reagieren und Lieder aus ihrer Jugend immer noch auswendig singen können.
In einer Best Practice-Ausstellung konnten die Abschlussarbeiten des ersten CAS-Jahrgangs in Augenschein genommen werden. In den anschliessenden Diskussionsrunden gab es ergänzende Informationen und in den spannenden Workshops wurde viel Praxiswissen vermittelt.
Thomas Heid sorgte mit seinen «Silver Horns», einem Saxophon-Orchester mit älteren Amateurmusikerinnen und –musikern, für einen umjubelten musikalischen Höhepunkt.

Image
Eine grosse Big Band mit lauter älteren SaxofonistInnen