Junge Talente landen in Schüpfheim/Entlebuch eine Musical-Hit.  

"Hair" heute

Niklaus Rüegg, 28.03.2018

Junge Talente landen in Schüpfheim/Entlebuch mit einer aktualisierten Version des Musicals HAIR einen Hit.

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Der «Digital Blues» thematisiert eines der Jugendthemen von heute.

Niklaus Rüegg – Die jungen Talente, grösstenteils aus der Talentschmiede «Gymnasium Plus» in Schüpfheim, werfen sich bei jeder Produktion mit Lust und Hingabe ins Bühnenabenteuer. Sie zeigen viel Talent, aber auch Unbekümmertheit und eine gesunde Portion Respektlosigkeit gegenüber den grossen Welthits der Musicalliteratur.
Mit seiner vierten Produktion hat der Verein Musical Plus die Tür zum Musicalolymp so weit aufgestossen wie nie zuvor: Regisseur Silvio Wey kostet die Möglichkeiten, die das Stück bietet, voll aus. Er setzt zusammen mit den jugendlichen Talenten etliche wirksame theatralische und musikalische Mittel ein – und dies zum Vergnügen eines begeisterten Publikums. Gleich zu Beginn wird die Weiche zur Gegenwart gestellt. Als kriegerischer Hintergrund des Stücks wird Vietnam zwar erwähnt, doch gleich ad acta gelegt. Dafür wird Bezug auf aktuelle Krisenschauplätze wie Syrien und den IS genommen. Das Thema Auflehnung gegenüber dem «Establishment», wie es damals hiess, wird in heute geniessbarer Form abgehandelt.

Beste Unterhaltung
Die Aktualisierung zieht sich durch das ganze Stück. Sie ist nie belehrend, sondern wird auf eine lustvolle, spielerische und witzige Art umgesetzt. Einzig in der Haarpracht und den Kostümen (Moana Lehmann) sind noch Anklänge an die traditionelle Hair-Optik zu finden. Munter wird im Dialog und in den Liedtexten zwischen Englisch, Deutsch und Schweizerdeutsch hin und her gewechselt, der Inhalt umgedeutet und auf eine aktuelle Erfahrungswelt hin angepasst. Der Song «Electric Blues» wird zum «Digital Blues», choreografisch packend übersetzt in eine handydominierte Realität (Choreografie: Yvonne Barthel). Das Rassenthema wird ausgeblendet und aus den «Black Boys» und «White Boys» werden kurzerhand «Bad Boys» und «Nice Boys». Sogar Mani Matters «Hemmige» wird eingeflochten.
Gut genutzt wird die mit Gerüsten weitläufig angelegte und vielseitig bespielbare Bühne (Bühnenbild: Philippe Stutz). Die Szene profitiert von einem prägnanten, stimmungsvollen Lichtdesign (Markus Güdel) und man erfreut sich an einem ausgeglichenen, klaren, nie aufdringlichen Klang (Ton: Andreas Brüll, Lars Dölle, Andreas Lammel).
Angenehm überrascht hat das schöne Orchester-Arrangement von Damian Omansen. Die ursprünglich für Rockband geschriebene Musik erreicht in Omansens, für die Hair-Produktion 2016 am Theater Magdeburg geschaffene Partitur fast schon symphonische Qualität, die von den InstrumentalistInnen von Gymnasium Plus unter der Leitung von David Engel souverän umgesetzt wurde. Und last but not least das Kompliment an die Darstellenden: Sie überzeugen durchwegs, sowohl in den Ensemble- wie auch Soloparts, durch freies und konzentriertes Spiel und bemerkenswerte Gesangsleistungen – keine Selbstverständlichkeit, denn nach zwei Jahren wächst am Gymnasium Schüpfheim eine komplett neue Talentgeneration heran.

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