Bei den Musikschulen gibt es keine halben Kantone 

Klein aber fein: Die Unterwaldner Musikschulen

Niklaus Rüegg, 22.02.2018

Der Verband Musikschulen Unterwalden (VMU) ist ein «Willensverband».
Es gibt Verbindendes, aber auch einiges an Unterschiedlichkeiten.

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Michael Schönbächler (Musikschule Stans NW) und Stephanie Dillier (Musikschule Alpnach OW)

Bei den Musikschulen gibt es keine halben Kantone

Niklaus Rüegg – Halbkantone sind keine halben, sondern zwei ganze Kantone – das weiss hierzulande (fast) jedes Kind. Das wurde auch deutlich im Gespräch mit den beiden Exponenten der Unterwaldner Musikschulen, Stefanie Dillier, Leiterin der Musikschule Alpnach (OW), VMS-Delegierte des VMU und Mitglied des VMS-Büros und Michael Schönbächler, Leiter der Musikschule Stans, Hauptort von Nidwalden (siehe auch Interview).
Gemeinsame Themen der Unterwaldner Musikschulen sind gegenwärtig die Weiterbildung und der Rotary Musikwettbewerb, der alle zwei Jahre abwechselnd in Ob- resp. Nidwalden durchgeführt wird und als Begabtenförderungsmassnahme seit Jahren gute Resonanz erfährt. Bei der Weiterbildung ist auch noch der Kanton Uri mit dabei.
Alle andern Themen werden hüben und drüben an den Schulleitertreffen besprochen. Die kantonalen Gesetzgebungen sind trotz Kleinräumigkeit so unterschiedlich, dass sich die Vertreter der Schulen besser separat treffen. Der Föderalismus setzt sich bekanntlich auch in den Gemeinden fort. Umso stolzer ist Stefanie Dillier, dass die sechs Obwaldner Schulen eine Lohnharmonisierung zustande gebracht haben. Bei der Harmonisierung der Tarife und beim Einrichten einer zentralen Administration gab es jedoch bis jetzt noch zu grosse Widerstände. Auch Schönbächler hatte zu Beginn seiner Arbeit in Stans eine Tarifharmonisierung im Sinn, doch bestehen auch hier bei seinen drei Partnergemeinden (Oberdorf, Wolfenschiessen, Ennetmoos) unterschiedliche Vorstellungen.
Über ein Musikschulgesetz verfügt keiner der beiden Kantone. Im Nidwaldner Bildungsgesetz steht, dass die Gemeinden eine Musikschule führen «können», während in Obwalden schon auf kantonaler Ebene gilt: «Einwohnergemeinden führen eine Musikschule».

Viel Potential für Synergien
Vom Angebot her sind die Schulen der beiden Kantone vergleichbar. Unterrichtet werden überall praktisch sämtliche Instrumente. Darüber hinaus ist die Sparte Volksmusik sehr stark. Stefanie Dillier ist dafür, Synergien zu nutzen und findet es meist nicht sinnvoll, auch an kleinen Schulen wenig gefragte Instrumente anzubieten. Oft liegt die nächste Schule nur ein paar Kilometer weiter und für die Kinder wäre es spannender, wenn mehrere das gleiche Instrument spielen.
In beiden Kantonen ist der Einzelunterricht vorherrschend. Neue Lehr- und Lernformen werden aber immer mehr zum Thema. Die Harfenlehrerin in Stans unterrichtet zum Beispiel nach MDU und am Austauschtreffen mit der Hochschule Luzern wurde letzthin sehr intensiv über das Thema debattiert.
Stefanie Dillier befürwortet mehr niederschwellige Angebote, um die Kinder bei der Stange zu halten; man müsse die Kinder viel früher miteinander musizieren lassen. Sie müssen spüren, warum es sich lohnt, so lange dran zu bleiben. Kooperative Lernformen gibt es an der öffentlichen Schule bereits, erinnert Dillier, während die Musikschulen noch immer im alten Meister-Gesellen-Muster verhaftet seien.
Die Integration des Instrumentalunterrichts in die Volkschule liegt beiden am Herzen. Doch hapert es bei der Umsetzung. Einfacher ist es an der Oberstufe. In Obwalden wird der Instrumentalunterricht in den täglich stattfindenden «Lernateliers» integriert, während er in Nidwalden in der Stundentafel als Wahlfach Platz findet. Und wohin soll die Reise gehen? Michael Schönbächler zeigt sich konservativ aber zukunftsgerichtet. Dies ist im Sinne des Bewahrens von Musik als wertvolles Kulturgut für ihn durchaus kein Widerspruch.
Stefanie Dilliers Vision für die Musikschule der Zukunft ist ein «Musikhaus als Begegnungsort, in das man geht, weil man weiss, da ist etwas los: «Der Unterricht findet heute immer noch hinter verschlossenen Türen statt und niemand darf hinein. Das sollte alles offener werden».