VMS-Statistik 2015  

Die Musikschulen der Schweiz in Zahlen

Niklaus Rüegg, 23.01.2017

Zuverlässig ermittelte Strukturdaten sind unverzichtbare Grundlagen für die politische Argumentation in einer Demokratie. Auch grosse nationale Verbände wie der VMS sind auf sie angewiesen.

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«Die Musikschulen sind eine heterogene Branche. Hier sind verlässliche statistische Daten besonders wichtig»

VMS-Statistik 2015

Niklaus Rüegg – Als vor rund zehn Jahren Diskussionen über die Musikinitiative begannen, häuften sich auf der VMS-Geschäftsstelle Fragen nach Zahlen und Fakten zu den Schweizerischen Musikschulen. Meistens konnten keine genauen Informationen geliefert werden, da dem VMS eine aktuelle gesamtschweizerische Datenerhebung fehlte. Diese Tatsache stellte sich bei der politischen Argumentation als grosses Handicap heraus. Ab 2007 bemühte sich der VMS um eine Professionalisierung der Datenerhebung. Es wurde ein eigenes Ressort namens «Dokumentation und Statistik» ins Leben gerufen. Die hoch fragmentierte Schweizer Musikschullandschaft erwies sich aber als grosses Hindernis beim Versuch aussagekräftiges Zahlenmaterial zu sammeln.
Schon in Vor-Dachverbandszeiten hatte man sich daran manchen Zahn ausgebissen. Auch manche Kantonalverbände und ein grosser Teil der Schulen verfügten noch nicht über viel Erfahrung mit einer systematischen statistischen Datensammlung. Somit zog sich das Projekt «Statistik» in die Länge. Im Jahr 2011 kam im Vorfeld der Abstimmung über den Musikartikel wieder Bewegung in die Sache. Mittlerweile hiess das zuständige Ressort «Nationale Verbände und Statistik». In einer Parforceleistung hatte der VMS schliesslich, unter intensiver Mitarbeit der Kantonalverbände, in Jahresfrist eine gesamtschweizerische Musikschul-Statistik erarbeitet. 2015 folgte die zweite Ausgabe. Der Fragenkatalog wurde aufgrund der Erfahrungen mit der ersten Version stark überarbeitet und neu von einem auf Daten¬erhebung und -auswertung spezialisierten Unternehmen durchgeführt.
An der November-DV 2016 konnte der Projektverantwortliche, VMS-Vizepräsident Andreas Weidmann, den «Bericht zur statistischen Erhebung 2015» präsentieren. Auf 60 Seiten erfährt man Wissenswertes über Allgemeine Strukturdaten, Finanzierung, Führung und Qualitätsmanagement, Musikpädagogisches Angebot und Unterrichtsstruktur der Schweizerischen und Liechtensteinischen Musikschulen. In 83 anschaulichen Grafiken und 6 Tabellen sind die Zahlen und Fakten visualisiert worden.

Herr Weidmann, erst einmal herzliche Gratulation zur Vollendung dieses wertvollen statistischen Berichts.
Vielen Dank – ich darf aber diese Blumen aber gleich weitergeben an die 334 Musikschulen, die sich die Mühe genommen haben, den Online Fragebogen auszufüllen.

Mit Zahlen macht man Politik – stimmt dieser Satz?
Verlässliche Zahlen sind für eine sachliche politische Auseinandersetzung eine zentrale Voraussetzung. Sie sind gleichsam das Fundament für Argumente und tragen zur Wahrnehmung einer Branche wie derjenigen der Musikschulen bei.

Wie steht es mit der Aussagekraft von statistischem Material? Werden da nicht oft Äpfel mit Birnen verglichen?
Statistisches Material weist immer eine gewisse Unschärfe auf. Entscheidend ist, dass aus den Zahlen die richtigen Schlüsse gezogen werden und auch die damit verbundene Fragestellung korrekt in den Zusammenhang gebracht wird.

Welches sind die Fallstricke bei einer unsachgemässen Verwendung von statistischem Material?
Wie schon angetönt, kann mit Zahlen auch Unfug getrieben werden, indem sie nicht korrekt wiedergegeben werden oder in einen falschen Zusammenhang gestellt werden. Das sogenannte Spiel mit den Zahlen wird im Journalismus oft gespielt, um Aussagen zu überzeichnen und falsche Bilder zu erzeugen. Die Vorteile einer soliden Datenbasis überwiegen aber die Risiken bei weitem.

Warum ist eine Statistik für den VMS so wichtig?
Die Musikschulen sind eine heterogene Branche, einerseits aufgrund der föderalistisch geprägten Trägerschaften und andererseits wegen betrieblichen Vielfalt. Da gibt es die kleine Gemeindemusikschule im Bergkanton und die grosse Musikschule im der Grossstadt. Vor diesem Hintergrund sind verlässliche statistische Daten besonders wichtig, um Aussagen über die ganze Branche und auch über ihre Entwicklung machen zu können.

Das Werk ist in 6 Hauptbereiche mit insgesamt 65 Unterkapiteln aufgeteilt. Sind so viele Informationen notwendig?
Die Statistik 2015 macht Aussagen zu den zentralen Bereichen der Musikschulen. Sie deckt einmal die unternehmerischen Bereiche wie Struktur, Finanzen, Personelles und Qualität ab und dann den Angebotsbereich und schliesslich den pädagogischen Teil – so kommt schnell eine grosse Zahl von Fragestellungen zusammen.

Mit welchen Problemen sah sich der VMS bei der Erstellung des Fragekatalogs und der Auswertung konfrontiert?
Bei der Erstellung des Fragebogens waren die Beschränkung auf die wirklich zentralen Themen und die verständliche Formulierung komplexer Fragestellungen die Knacknüsse. Bei der Auswertung hatten wir mit unvollständigen Datensätzen und einigen inkonsistenten Aussagen zu kämpfen. Diese Probleme liessen sich aber alle durch Nachfragen bei den betreffenden Musikschulen beheben.

Welche Optimierungen konnten Sie aufgrund der 2012 gemachten Erfahrungen in der aktuellen Ausgabe umsetzen?
Wir haben den Fragenkatalog auf das Wesentliche zurückgestutzt und gleichzeitig aber vertieft. In einigen Bereichen wurden die Fragestellungen optimiert und in vielen Fällen mit Zusatzerklärungen ergänzt. Mit dem neuen Online Fragebogen und der professionellen Unterstützung durch einen externen Partner haben wir die Daten- und Auswertungsqualität erhöht. Schliesslich wurden auch bei der Struktur des Berichts Verbesserungen umgesetzt.

 

Können Sie Beispiele für den praktischen Nutzen der VMS-Statistik nennen?
Wir haben beispielsweise nun verlässliche Angaben über die Kostenstruktur der Musikschulen und über ihr breites Angebot. Das sind Zahlen, die in die aktuelle Kostendiskussion in Kantonen und Gemeinden eingebracht werden können. Für das breite Publikum dürfte die Rangliste der beliebtesten Instrumente von besonderem Interesse sein.

Wie hat sich – wenn überhaupt – bei den Top-Ten der beliebtesten Instrumente die Rangliste verschoben?
Die Tasteninstrumente – allen voran das Klavier – sind ungefährdet auf Platz eins. Platz zwei hält die akustische Gitarre gefolgt von der Violine. In der früheren Befragung hatten wir ein ähnliches Bild, haben aber damals nur Instrumentengruppen und nicht einzelne Instrumente abgefragt.

Hat die Zahl der Musikschulen mit einem Qualitätsmanagementsystem zugenommen?
In der Befragung 2012 gaben rund 20 Prozent der Musikschulen an, über ein Qualitätsmanagementsystem zu verfügen – 2015 liegt der Anteil bei rund einem Drittel, wobei es grosse kantonale Unterschiede gibt. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die vermutlich noch mehr Auftrieb erhalten wird, da künftig in vielen Kantonen von den Musikschulen ein Qualitätsmanagement gefordert wird – dies liegt ganz auf der Linie des Dachverbands VMS.

Wann ist mit der nächsten VMS-Statistik zu rechnen?
Um Entwicklungen der Branche aufzeigen zu können, müssen statistische Erhebungen in einer gewissen Frequenz durchgeführt werden. Ich gehe davon aus, dass der VMS an einem Dreijahresrhythmus festhalten wird.