40 Jahre Verband Musikschulen Schweiz: vorausgehen – verbinden – unterstützen 

Ein «kleines» VMS-Jubiläum

VMS, 20.11.2015

Die seit Mitte der Sechziger Jahre boomende Musikschulland-schaft in der Schweiz bedurfte dringend einer gesamtschwei¬ze-ri¬schen Organisation. Der Impuls zur Verbandsgründung des VMS entstand dennoch spontan – ein unvollständiger Rückblick auf die ersten 40 Jahre.

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40 Jahre Verband Musikschulen Schweiz: vorausgehen – verbinden – unterstützen

VMS – 1973 wurde die Europäische Musikschulunion EMU in Saarbrücken gegründet. Ein Jahr später waren an der ersten EMU-Generalversammlung zwei Personen aus der Schweiz anwesend: Edwin Rüegg, Besitzer einer Fahrschule und seit 1971 Präsident der Musikschulvereinigung des Kantons Zürich sowie Armin Brenner, Leiter Abteilung Musik und Musikerziehung in der Erziehungsdirektion des Kantons Basel-Landschaft. Sie waren als Privatpersonen eingeladen, da es noch keinen Schweizerischen Musikschulverband gab.

An der Schulleitertagung 1974, die von der Schweizerischen Arbeits-gemeinschaft für Jugendmusik und Musikerziehung SAJM ausgerichtet wurde, riefen Armin Brenner, Edwin Rüegg, Sales Kleeb und Willy Renggli spontan eine Arbeitsgruppe ins Leben, deren Ziel es war, die Gründung eines Schweizerischen Musikschulverbandes vorzubereiten.


Rasante Entwicklung zwingt zur Koordination der Branche

Am 24. Mai 1975 fand die Gründungsversammlung des VMS in der Aula der Kantonsschule Baden statt. Armin Brenner begrüsste Vertreter von rund 50 Musikschulen und kantonalen Vereinigungen, aus dem Fürstentum Liechtenstein sowie von Presse, Radio und Fern-sehen: «In den letzten zehn Jahren sind neue Musikschulen fast wie Pilze aus dem Boden geschossen.» – mit diesem bildhaften Vergleich umriss Brenner den unkoordinierten Gründungsboom von Musikschulen in der Schweiz seit Mitte der Sechziger Jahre. Der Wunsch nach mehr Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Jugendmusikschulen wurde immer drängender. In einem Brief an die Trägerschaften der Musikschulen warb der Präsident im September 1975 für den Beitritt zum VMS: «Aus der starken Breitenentwicklung heraus ent¬steht uns die Verpflichtung, für die notwendige vertikale Festigung durch Koordination aller ernsthaften musikerzieherischen Bemühungen zu sorgen». Die öffentlichen Musikschulen trügen «der Öffentlichkeit gegenüber Verantwortung für ein hohes Unterrichtsniveau».

An der ersten Mitgliederversammlung am 22. November 1975 in Baden wurden 34 Schulen provisorisch aufgenommen (1978 waren bereits 94 Schulen mit 58'000 Lernenden und 3056 Lehrpersonen Mitglied. 1980 waren von damals 269 Schweizer Musikschulen 150 dabei, 1998 gab es 380 Mitglieder). Ein Tätigkeitsprogramm mit sieben Punkten wurde verabschiedet. Die Jahresbeiträge wurden nach Grösse der Musikschulen, gestaffelt zwischen Fr. 100 bis 500 festgesetzt. Das VMS-Budget 1976 betrug 5000 Franken. In den Richtlinien waren Zweck, Angebot, Organisationsform und Anforderungen an Lehr- und Leitungspersonen niedergeschrieben.

Ausserdem wurde der interimistische Vorstand bestätigt. Er setzte sich aus folgenden sieben Persönlichkeiten zusammen: Armin Brenner (BL, Präsident), Werner Bühlmann (LU, Vizepräsident), Hans Brupbacher (GL, Kassier), Gertrud Hungerbühler (SG), Hansjörg Riniker (AG), Robert Berger (BE), Willy Renggli (ZH). Sekretär war Martin Seeger. 1992 übernahm Willy Renggli das Präsidium von Armin Brenner. Auf Renggli, welcher bis im Jahr 2000 im Vorstand verblieb, folgte 1996 Gründungsmitglied Hans Brupbacher. Zehn Jahre später, 2006, übernahm Hector Herzig, welcher seinerseits 2011 das Präsidium an Christine Bouvard Marty abtrat.


Bleibende Werte und laufende Veränderung

Es gab viele Veränderungen in der 40-jährigen Verbandsgeschichte, aber auch Konstanten. Die Zusammenarbeit mit der EMU, zum Beispiel, hat sich seit dem Beitritt des VMS im Jahre 1976 kontinuierlich und bruchlos entwickelt. Gleich im ersten Jahr wurde Armin Brenner in den EMU-Vorstand gewählt und organisierte im selben Jahr gleich noch die EMU-Jahres-GV in Liestal. Ein Jahr später wird Armin Brenner gar EMU-Präsident. In seiner Amtszeit werden regelmässig Musik-Camps in Samedan durchgeführt und dadurch der Schüler- und Lehreraustausch auf europäischer Ebene gefördert. Immer wieder fanden EMU-Veranstaltungen in der Schweiz statt. 2002 war der VMS in Bern Gastgeber der EMU-Generalversammlung und des Europäischen Musikforums an dem u.a. der deutsche Innenminister Otto Schilly referierte. Gleichzeitig fand das 7. Europäische Jugendmusikfestival EJMF mit über 6000 Jugendlichen aus 26 europäischen Ländern in Zusammenarbeit mit der EXPO 02 und über 200 Musikschulen statt. Kontakte und Schüleraustausche zwischen zahlreichen Musikschulen, die daraus hervorgingen, blieben über Jahre bestehen.

Der VMS brachte es insgesamt auf 35 Mitgliederversammlungen. Diese wurden infolge der Umwandlung in die Dachverbandsstruktur ab 2010 von vorerst drei jährlichen Delegiertenversammlungen abgelöst. Zu Beginn fanden die Vorstandssitzungen in der Autobahnraststätte Würenlos statt – heute orientiert sich der VMS mehr am ÖV. Dem Vorstand lag 1975 vor allem eines am Herzen, nämlich die Kantone zu bewegen, den Instrumentalunterricht im Maturitätsfach Musik nicht an die Gymnasien und Kantonsschulen, sondern an die Musikschulen zu delegieren – dieses Vorhaben gelang leider nicht gesamtschweizerisch sondern nur in einzelnen Kantonen.

1999 gab der VMS zusammen mit 190 Musikschulen nach der Übernahme der Organisation des Schweizerischen „Musikfestes –j+m“ den Startschuss zur Gründung der Institution jugend+musik.

Im gleichen Jahr gründete der VMS zusammen mit anderen Musik-verbänden die Stiftung Schweizerischer Jugendmusikwettbewerb und sicherte dieser wichtigen Institution zur Förderung der musizierenden Jugend so die Existenz für die Zukunft.

Im Jahre 2000 durfte der VMS unter dem Thema „Konstanz und Wandel“ im Kongress- und Kulturzentrum Luzern KKL mit viel Prominenz das 25-jährige Jubiläum feiern.

Der Wandel des VMS zeigt sich ab 2004 mit dem Aufkommen des Rufes nach neuen Strukturen. In einer Arbeitsgruppe wird eine neue Struktur für den VMS erarbeitet. 2005 wird erstmals eine Strategie für den Verband festgelegt. Vision, Leitbild, Ziele und Prozesse werden formuliert. Ab 2006 hält unter Hector Herzig die sogenannte Professionalisierung Einzug. Die Vorstände arbeiten neu in Kompetenzzentren und werden in Teilpensen entlöhnt. Ab sofort beginnen die Vorarbeiten im Hinblick auf die neue Dachverbandsstruktur, welche an der letzten Mitgliederversammlung am 15. Mai 2009 mit überwältigendem Mehr angenommen wurde. Die herkömmliche Mitgliederversammlung hatte sich mit diesem Entscheid quasi selber abgeschafft.


Angebot auf neue Bedürfnisse ausgerichtet

Als Dachverband beginnt der VMS seine Aufgaben neu zu ordnen. Der Fokus wird vermehrt auf Strategisches und Support gelegt.
Grundsatzpapiere zu verschiedenen Aspekten der Musikalischen Bildung, Unterstützungstools für die Mitgliedsverbände und Präsenz in der Bundespolitik bekommen mehr Gewicht. Das Dienstleistungs- und Supportangebot ist heute unvergleichlich grösser als je zuvor und wird seit 2011 unter dem Begriff «VMS-Services» zusammengefasst. Eine der nachhaltigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Verbandsdienstleistung überhaupt, wurde aber bereits 1978 gegründet: die selbstständige Pensionskasse für Musiklehrpersonen «Vorsorgestiftung VMS/SMPV», heute als «Pensionskasse Musik und Bildung» bekannt. Bereits ein Jahr zuvor wurde ein erster Krankentaggeld-Rahmenvertrag mit der Winterthur-Versicherung abgeschlossen.

Die Kommunikations- und Informationsplattformen des VMS zeichnen sich durch ein fortwährendes Anpassen an neue Bedürfnisse aus. Was mit Vorstandssitzungen und Mitgliederversammlungen begann, wurde mit den Jahren ergänzt durch zahlreiche vom Vorstand erarbeitete Dokumente zur Gründung und Führung einer Musikschule, durch Schulleitertagungen und durch die seit 1982 alle zwei Jahre durchgeführten VMS-Weiterbildungs-Kongresse für die Musiklehrpersonen. Bereits 1989 konzipierte der VMS eine eigene Schulleiter-ausbildung, die sich stets weiterentwickelte und heute bei der HKB angegliedert ist. Etwas später taucht mit dem «Seminar für Musikschulbehörden» ein neues Gefäss auf.

2006 gibt der VMS erstmals ein umfassendes und noch heute, auch international, viel beachtetes Leitbild und Berufsprofil für Musiklehrpersonen heraus.

2007 fand das erste Forum Musikalische Bildung (FMB) in Aarau statt. Es entwickelte sich mit seinem fachübergreifenden Konzept zum VMS-Markenzeichen. Die Conférence Romande findet 2008 zum ersten Mal statt und etabliert sich in der Folge als gut akzeptierte Austauschplattform in der Westschweiz. 2009 bis 2011 gab es vom VMS betreute Regionalkonferenzen, die danach einem neuen Konzept mit nationalen Informations- und Fortbildungskonferenzen wichen.

Eine feste Institution mit treuer und kritischer Leserschaft ist das Informationsorgan des VMS. Das erste «VMS-Bulletin» wird ab 1977 vierteljährlich herausgegeben. 1983 erscheint erstmals ein Artikel auf Französisch. 1989 wird die Verbandszeitung ANIMATO gegründet. Bei einer Auflage von 8'000 erscheint sie sechs Mal pro Jahr. 1997 wird ANIMATO von der Schweizer Musikzeitung abgelöst. Dazu kamen dank Internet weitere Informationskanäle wie die Verbandswebseite, der VMS-Newsletter und die SMZ-Onlineausgabe.


Bedeutende politische Weichenstellung

Neben der Einführung der Dachverbandsstruktur war die Musik-initiative, die am 21, Juni 2007 lanciert und in den Grundzügen über einen Gegenvorschlag am 23. September 2012 vom Volk angenommen wurde, wegweisend für eine neue Verbandsepoche. Dieses Grossprojekt hat viele Ressourcen erfordert und die Verbandsarbeit wurde zunehmend politisiert. Dank der Initiative ist die musikalische Bildung heute ein Thema von gesamtschweizerischer Relevanz. Die intensive Arbeit bewirkte eine verstärkte Zusammenarbeit unter den Musikverbänden, ein erfreuliche Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Der Abstimmungserfolg markiert denn auch nicht den krönenden Abschluss der politischen Arbeit sondern den eigentlichen Beginn einer neuen Ära des VMS und der musikalischen Bildung.


Die Präsidenten und Präsidentinnen der VMS

1975-1992 Armin Brenner

1992-1996 Willy Renggli

1996-2006 Hans Brupbacher

2006-2011 Hector Herzig

Seit 2011 Christine Bouvard Marty