Hartnäckiges Ringen um die musikalische Bildung
Das Forum Musikalische Bildung (FMB) ist seit jeher ein Podium für Philosophen, Wissenschaftler, Provokateure und Gentlemen der mehr oder weniger feinen Wort-Klinge. Musik in Bildung und Alltag – das kann zuweilen recht politisch werden.
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- Foto: Heiner Grieder HGH
- Jodok Kobelt holt in seiner unnachahmlichen Art Unausgesprochenes aus Referenten und Publikum heraus.
Ideal und politische Wirklichkeit
Jodok Kobelt – Bereits am ersten Forum 2007 in Aarau setzte Initiant Hector Herzig die Latte sehr hoch. «Es ist auf politischer Seite offenbar bekannt, was Kultur kostet, jedoch nicht, was sie wert ist.»
Aber beginnen wir – um die thematische Bandbreite des FMB zu verdeutlichen - doch erst mal bei Gott, resp. seinem Vertreter am FMB 2007: Abt Werlen aus Einsiedeln. Er sinnierte in seinem Referat «Was muss bleiben, damit Wandel möglich ist» zwischen den Grundregelns seines Ordens aus dem 6. Jhd. und dem digitalen Hier und Jetzt. Auf mich wirkte dieses Referat so erfrischend, das ich mir gleich am nächsten Tag die benediktinische Ordensregeln in Buchform beschaffte. Heute gibt es sie als App. So schnell hat einen die Realität ein- und überholt.
Der Kampf um die Volksinitiative «Jugend & Musik» war immer Teil des FMB. Wo Politik im Spiel ist werden Aussagen gedrechselt. Hans Ambühl, Generalsekretär der Erziehungsdirektoren unseres Landes, übte sich im Slalom. Erste Aussage: «Das schweizerische Bildungssystem steht in einer Entwicklungsphase... Wir können die damit verbundenen Chancen für lange Zeit nur einmal verpassen: jetzt.» Nur um etwas später seine wirkliche Botschaft loszuwerden: «Ob eidgenössische Volksinitiativen hierbei eine prioritäre Funktion erfüllen können, ist fraglich.» Im September 2012 machte es das Volk klar: 71,5% Ja-Stimmen schrieben die musikalische Bildung in die Verfassung – wenn auch den Gegenvorschlag. Jetzt läuft das mühsame Seilziehen um «kann» und «ermöglicht» - Formulierungen. In einem Umfeld, in dem Harmos oder Lehrplan 21 als Feindbilder benutzt werden.
Manchmal staunte ich über die Worte der Referenten. So Ruedi Noser 2011: «Musik findet zuhause statt.» Und: «Nicht alles was wichtig ist gehört in die Verfassung.» Im selben Jahr fragte sich Kultur-Organisator Martin Heller: «Ist die Politik nicht von vorne herein ungeeignet, sich mit Kultur zu beschäftigen?» Gleichzeitig begab sich Spiegel-Neuronen-Wissenschaftler Prof. Dr. Joachim Bauer in die Welt der Metaphern: «Menschen haben auf Menschen die Wirkung einer Droge.» Um später Begeisterung so zu definieren: «Keine Motivation ohne Beziehung.»
In dieselbe Kerbe, wenn auch auf einem anderen Ast sitzend, hieb Prof. Dr. Georg Kohler: «Was mir wichtig ist: die Tatsache, dass die autonome Sphäre der Musik und deren Kraft uns daran erinnert, dass wir Menschen eben viel mehr sind als homines oeconomici. Anders gesagt: ohne (zumindest innerlich hörbare) Musik kann es kein menschliches Glück geben.» Als Moderator war es meine kaum lösbare Aufgabe, aus solchen Höhen wieder in den Forums-Alltag zurück zu finden. Ich hoffe, dass es auch der Grundidee der Initiative gelingt, sich ohne substantiellen Bedeutungsverlust in der Bildungslandschaft Schweiz ihren Platz zu erobern.