Wie man Schulen entwickelt
An der verbandsinternen Fortbildung Anfang März wurden Zusammenarbeitsformen zwischen Schule und Musikschule ins Visier genommen. Als Beispiel wurde die Schule Hergiswil herangezogen.
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- Foto: Niklaus Rüegg
- Nadège Rochat und Danae Dörken interpretieren Schumann, Mendelssohn und Chopin.
Schule und Musikschule zwischen Alleingang und Fusion
Niklaus Rüegg – An der letzten VMS-Jahresklausur wurde das mehrjährige, anspruchsvolle Projekt «Musikschule von morgen» aufgegleist. Dabei handelt es sich um eine breit angelegte Annäherung an die Ansprüche einer zukunftsfähigen Musikschule zwischen Vision und politisch-gesellschaftlicher Wirklichkeit. Die Arbeit wird sich auf die Säulen «Kooperationen», «Schulentwicklung» und «Organisationsentwicklung» konzentrieren und den Musikschulen Orientierungshilfen für die langfristige Planung ihrer Schulentwicklung geben.
Peter Baumann, Berater von schulentwicklung.ch sowie verantwortlich für das Ressort Aus- und Weiterbildung im Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH), gestaltete den diesjährigen Fortbildungstag des VMS-Vorstands. Ein hochklassiges Lunchkonzert von jungen Nachwuchssolistinnen mit romantischen Werken für Cello (Nadège Rochat, CH) und Klavier (Danae Dörken, D) unterbrach die kopflastige Arbeit aufs Vortrefflichste.
Schulentwicklung heute
Peter Baumann konstatiert bei den Volksschulen heute eine rasante Entwicklung, doch sind Tempo sowie Art und Weise der Veränderungen unterschiedlich. Hier macht sich der Bildungsföderalismus stark bemerkbar. Jede Schule ist anders, da der Autonomiegrad je nach Gemeinde- und Kantonszuständigkeiten variiert. Während zum Beispiel im Kanton Zürich die Schulen stark kantonal gesteuert sind, herrscht im Kanton Nidwalden, bedingt durch die hundertprozentige Zuständigkeit der Gemeinden, viel mehr Gestaltungsfreiraum. Grundsätzlich findet aber allerorten eine Professionalisierung statt. Die heutigen Schulen haben Schulleitungen, Leitbild und Schulprogramm, werden ähnlich wie Unternehmen geführt oder verstehen sich gar als «Lernende Organisationen». Grossprojekte wie Integrationsmodelle oder Lehrplan 21 stehen im Raum, Betreuungs- und Tagesstrukturen werden angestrebt, Internet und neue Medien werden miteinbezogen. Peter Baumann unterscheidet drei Schultypen:
• Die fragmentierte Schule traditionellen Zuschnitts mit wenig Kooperationen und ohne abgestimmtes Zielkonzept.
• Die Projektschule mit kleineren und grösseren Projekten und Erneuerungsaktivitäten, die sich aber nicht zu einer Struktur fügen.
• Die lernende Schule mit gemeinsamen Wertvorstellungen, Leitbild und Schulprogramm und Vernetzung aller Aktivitäten.
Als Schulleiter der Volksschule Hergiswil reizte Baumann die vorhandenen Freiräume konsequent aus und baute in den vergangenen Jahren kontinuierlich an einer modernen Organisation nach dem Prinzip «Lernende Schule». Heterogenität ist hier Programm: Altersgemischte Klassen, altersdurchmischte Lernsequenzen und integratives Lernen sind Grundpfeiler. Dank vernetzter Strukturen werden alle Schüler entsprechend ihren Begabungen gefördert.
Die Lehrpersonen bilden Teams, pflegen Team-Teaching und gegenseitige Unterrichtsbesuche. Kooperationen zwischen Schulpersonal, Eltern, Schule und Musikschule sind institutionalisiert. Der Projekte sind viele, doch dürfen sie nicht isoliert stehen und müssen zum Schulprogramm passen.
Ein gutes Schulsystem kann aber leicht kippen, wenn sich die politischen Machtverhältnisse verschieben. Deshalb setzt Baumann auf vorausschauendes, proaktives Handeln statt auf Reagieren.
Integrierter Musikunterricht
Die Musikschule von Hergiswil ist in die Volksschule integriert, das heisst, sie ist Teil der Volksschule. Der Musikschulleiter ist Mitglied des vier Personen umfassenden Schulleitungsteams. Dieses Modell erstreckt sich von der Grundstufe bis zur neunten Klasse. Darüber hinaus können Musikschüler bis zum 25. Altersjahr weiterhin die Musikschule besuchen.
Alle Kinder, die an der Musikschule den Instrumental- oder Gesangsunterricht besuchen, bringen ihre Kompetenzen im Integrierten Musikunterricht (IM) ein. Der Musikunterricht findet in den Schulräumen statt – im Team-Teaching mit Lehrperson und Musiklehrperson. Die Lehrpersonen sind im integrierten Musikunterricht in erster Linie Coaches, Beratende und Organisierende. Das altersdurchmischte Lernen in Gruppen ermöglicht ein wertvolles gegenseitiges Helfen der Kinder untereinander. Der Präsentation des Gelernten kommt – sei es im öffentlichen Rahmen oder im kleinen Kreis – eine zentrale Bedeutung zu. Jedes Kind lernt auf jeder Stufe mindestens ein Musikinstrument spielen, die da sind: Melodica, Triola, Clarina, Mundharmonika, diverse Schlaginstrumente, Keyboard, Saiteninstrumente, Nasenpfeife, Kazoo und die Stimme.
Der Unterricht ist kompetenzorientiert. Die Kinder beurteilen ihr erworbenes Können selbst mithilfe eines Kompetenzpasses. 75 Prozent der gesamten Schülerschaft besucht in Hergiswil zusätzlich auch den Vokal- oder Instrumentalunterricht an der Musikschule.
Eine Aufgabe des VMS wird es nun sein, die Erkenntnisse zu Schulentwicklung ins Gesamtprojekt einfliessen zu lassen und «Gelingensbedingungen» für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Schule und Musikschule – wie immer diese auch aussehen mag – zu definieren.
Plattform für Entwicklungsprojekte:
www.iqes.ch
Plattform für Qualitätsarbeit:
www.profilq.ch
www.schule-hergiswil.ch