Visible Learning oder Lernen sichtbar machen – durch Portfolioarbeit
«Visible Learning» lautet der Titel jener von John Hattie veröffentlichten Synthese aus Meta-Analysen, welche schliesslich auf 250 Millionen Lernende zurückgreifen. Portfolioarbeit bietet eine gute Möglichkeit, lernen sichtbar zu machen sowie die Selbsteinschätzung zu fördern und zu unterstützen.
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- Felix Bamert
- Kompetenzmodell mit vier Dimensionen
Das Schülerportfolio als Instrument für die Laufbahndokumentation
Felix Bamert – Aktiv musizierende Jugendliche lernen nicht nur ein Instrument zu beherr-schen oder das gemeinsame Musizieren. Sie entwickeln gleichzeitig Kompetenzen wie Selbstbewusstsein, Kreativität, Toleranz und Kritikfähigkeit, die in Alltag und auch im Be-rufsleben sehr gefragt sind.
Die Portfolioarbeit 3) sensibilisiert Jugendliche für ihre individuellen Kompetenzen, ist Inhaltsverzeichnis mit wichtigen Ereignissen und Leistungen der musikalischen Lernbiografie; Sammelmappe für Konzertprogramme, Teilnahmebescheinigungen (Lager etc.), Zertifi-kate, Wettbewerbsurkunden und weiteren Ergänzungen, unterstützt Jugendliche beim Einstieg ins Berufsleben und ist Anerkennung und individuelle Förderung.
Das Portfolio kann einstellenden Unternehmen in unterschiedlichen Berufszweigen Hilfe-stellung bieten. Das Portfolio gibt Aufschluss über ausserschulische Leistungen und Schlüs-selkompetenzen und enthält somit zusätzliche Informationen für die bedarfsgerechte Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern.
Die fachliche Diskussion über die Bildungswirkungen der eigenen Arbeit stärkt die Einsicht der Lehr- und Fachpersonen, einen wichtigen Beitrag zur Bildung der Jugendlichen zu leisten. Den Jugendlichen ihre Fähigkeiten und ihr Engagement «offiziell» bestätigen zu können, ist motivierend für die Beteiligten. Das Portfolio macht die nachhaltigen Bildungswir-kungen der musikalischen Ausbildung an Musikschulen transparent.
Der Verband Musikschulen Schweiz stellt mit dem «Portfolio-Musik VMS» ein Instrument für Kinder und Jugendliche zur Verfügung. Dieses steht, ergänzt mit einem Begleitdokument, als Word-File zum freien Download 4) bereit.
Das Portfolio entsteht im Dialog zwischen den Jugendlichen und den Lehr- und Fachpersonen der musikalischen Bildung. Jugendliche können das Portfolio nutzen, um ihre eigenen Stärken kennen zu lernen und selbstbewusst einzusetzen. Das Portfolio macht diese Stärken sichtbar. Es zeigt das Können, die Arbeitsweise und die Entwicklung des Lernenden auf und ist einerseits mit der Darstellung und Einschätzung von Kompetenzen verbunden, andererseits steht die Weiterentwicklung dieser Kompetenzen im Mittelpunkt. Das Portfolio wächst mit der Entwicklung der Lernenden und wird entsprechend individuell geführt, angepasst und ergänzt.
Als Grundlage kann folgendes Kompetenzmodell mit vier Dimensionen (Abbildung 1) dienen, welche individuellen personalen, sozialen, methodischen und künstlerischen Kompetenzen die Lernenden dabei gezeigt und weiterentwickelt haben.
Aufgrund der Entwicklung und verschiedenen Lernerfahrungen können Aussagen gemacht bzw. Kompetenzen formuliert werden z.B. über: Selbständigkeit / Herausforderung / Lerndauer / Lernschritte / Lernbereitschaft (Repertoire) / Konzentrationsfähigkeit / Aus-dauer / Durchhaltevermögen / Trainings- und Übeintensität.
Die Lehrperson bzw. insbesondere die Musikschulleitung kommentieren und würdigen die formulierten Kompetenzen bzw. die persönliche Lernbiografie und stellen diese in einen Zusammenhang. Diese Würdigung dient ebenso als Referenz mit den entsprechenden Unterschriften.
1) HATTIE, JOHN: Lernen sichtbar machen, Baltmannsweiler, 2013
2)John Hattie, (*1950 in Timaru), neuseeländischer Pädagoge. Seit 2011 Professor für Erziehungswissenschaften und Direk-tor des Melbourne Education Research Institute an der University of Melbourne (Australien).
3) Der Begriff Portfolio (lat. portare «tragen» und folium ‚«Blatt») bezeichnet eine Sammlung von Objekten eines bestimmten Typs. Portfolio im Sinne einer Leistungsmappe sammelt und ordnet bestimmte Produkte, die eine Lernbiografie des Lernenden kennzeichnen bzw. die Entwicklung des Lernenden sichtbar machen oder seine Arbeit an einem Projekt dokumentieren. http://de.wikipedia.org
4) http://musikschule.ch/de/10_vms_services/25_musikpaedagogik.htm
Felix Bamert
... ist an der Hochschule der Künste Bern Studiengangsleiter des Master of Arts in Music Pedagogy und des Master of Advanced Studies in Music-Management sowie Vorstandsmitglied des VMS.
Fragen, Anregungen und Feedback sind willkommen felix.bamert@musikschule.ch