1964 wurden im Basler Landkanton gleich vier neue Musikschulen gegründet. 

Vier Mal 50 Jahre im Baselland

Niklaus Rüegg, 05.07.2014

Bis Anfang der Sechziger Jahre hatte die Basler Musikakademie das Monopol in der Instrumentalausbildung der Jugend. Eine Einschränkung des Zugangs für die Baselbieter Kinder bewirkte auf dem Land eine Gründungswelle eigener Musikschulen.

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50-Jahrfeier der Musikschule in Liestals Gassen bei prächtigem Sonnenschein.

1964 wurden im Basler Landkanton gleich vier neue Musikschulen gegründet.

Niklaus Rüegg – In den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts begann eine langsame aber stete Entwicklung der Jugendmusikschulen in der Schweiz. In den Siebzigern steigerte sich diese zu einem regelrechten Musikschul-Boom. Wohl hatten die Bildungsideale der 68er-Zeit hier ihren Einfluss, aber gleichzeitig mögen die gute Konjunktur sowie die Landflucht der Besserverdienenden eine Rolle gespielt haben. Man wollte seinen Kindern auch in einer ländlichen Wohnumgebung eine instrumentale Ausbildung ermöglichen. Anfang der Sechziger Jahre ging ein Ruck durch den Kanton Baselland: Auffallend viele Musikschulen wurden gegründet. Allein im Jahr 1964 waren es deren vier, Gelterkinden, Liestal, Pratteln und Muttenz. Der unmittelbare Anlass für diesen Gründungsschub liegt an der kurz zuvor erfolgten Kündigung des Schulabkommens durch Basel-Stadt, welches den stadtnahen landschaftlichen Gemeinden zuvor erlaubt hatte, ihre Kinder an die Musikakademie Basel in den Unterricht zu schicken .
In Pratteln ging die Gründung der eigenen Musikschule in einem Tempo von statten, wie es in der Schweiz selten ist. Im Jahr 1964 befasste sich die Schulpflege mit der Frage und bestellte eine vorberatende Kommission. Von da an ging es Schlag auf Schlag: Im Herbst desselben Jahres wurde der Unterricht im Grundkurs aufgenommen. Im Frühling 1965 zählte die Jugendmusikschule im Grundkurs 106 Schüler. 196 Schüler besuchten die Instrumentalkurse in Blockflöten, Violine, Violoncello, Querflöte, Klarinette, Gitarre und Klavier.
In Muttenz wurden zu Beginn Musikalischer Grundkurs und acht Instrumente unterrichtet. Zehn Lehrpersonen betreuten 266 Schüler. Zu den bereits genannten Instrumenten in Pratteln gehörte in Muttenz auch die Trompete. Das beliebteste Instrument war die Blockflöte mit 69 Belegungen.
In Gelterkinden gab es 1964 144 Anmeldungen, 24 für den Elementarunterricht, 62 für Sopranblockflöte, 2 Altblockflöten, 20 Violine, 36 Klavier. Das ergab ein Total von 54.5 Stunden. Heute arbeiten 33 Lehrpersonen für die Schule. Die rund 700 Schüler werden seit 2010 zu 90 Prozent im neuen Musikschulhaus im Zeughaus Gelterkinden unterrichtet. Der Rest wird in den Aussengemeinden erteilt.
In Liestal ist die Sachlage etwas komplexer: Bereits 1950 wurde eine Blockflötenschule gegründet, die im Jahr 1964 in «Jugendmusikschule» umbenannt und durch die bekannten Instrumentalfächer erweitert wurde. 1950 startete die Schule mit 43 Kindern in Klassen zu je sechs Blickflötenschülerinnen und –schülern. Das Schulgeld betrug Fr. 1.50 pro Person und Wochenstunde. Das jährliche Schulgeld von Fr. 64.- konnte für einkommensschwache Familien um 12 bis 20 Franken reduziert werden.

Unverzichtbares Bildungsangebot
Heute unterrichten an den vier Schulen zwischen 33 (Pratteln) und 65 Lehrpersonen (Liestal) zwischen 571 (Pratteln) und 840 Schülerinnen und Schülern (Liestal). Die Belegungszahlen sind jeweils noch um 200 bis 300 Einheiten höher. Die Anzahl Fächer liegt zwischen 29 (Pratteln) und 38 (Gelterkinden). Dazu kommen noch bis zu 30 Ensembles (Liestal).
Während Gelterkinden mit fünfzehn, Liestal mit neun und Pratteln mit zwei weiteren Gemeinden im Verbund steht, ist Muttenz eine Einzelschule.
Die vier jubilierenden Schulen machen, nach Fachbelegungen gerechnet, gut zwei Fünftel des Gesamtvolumens des ganzen Kantons mit seinen fünfzehn Schulen aus.
Übereinstimmend werden von den Schulleitungen zwei wichtige Meilensteine in der Schulentwicklung genannt, zum einen die Integration der Baselbieter Musikschulen ins kantonale Bildungsgesetz (2002) sowie die basisdemokratisch entstandene kantonale Talentförderung im Jahr 2008 – beides wegweisende Neuerungen mit nationalem Vorbildcharakter. Die Initialzündung für das Talentförderungsprogramm erfolgte übrigens an der Musikschule Gelterkinden.

Ein ganzes Jahr Musik
Die Feierlichkeiten vollziehen sich über das ganze Jahr 2014 hinweg. Am 18. Januar ging ein gemeinsames Jubiläumskonzert mit den Schulorchestern und Solisten der vier Schulen im «Kuspo» Pratteln über die Bühne. Um den 21. Juni herum fanden in Liestal, Gelterkinden und Muttenz die Hauptereignisse des Jubiläumsjahres statt: in Liestal ein vielseitiges Programm auf Freilichtbühnen bei der Stadtkirche, in Muttenz wurde mit verschiedenen Projekten an drei Standorten im Dorf gefeiert und in Gelterkinden ging eine Musical Night im Zeughaus über die Bühne, zu deren Vorbereitung eine Reise zu einem befreundeten ungarischen Jugendorchester gehörte. Pratteln doppelt im November mit einer Hitparade von Klassik bis ABBA nach. Insgesamt finden in Pratteln, Augst und Giebenach übers Jahr rund 50 weitere Veranstaltungen statt.
Bereits Ende letzten Jahres machte Liestal den Auftakt mit der Teilnahme an der «Kulturnacht» und einem Musical in der Stadtkirche. Am 5. April erfolgte die Uraufführung einer Auftragskomposition von Matthias Heep für Blasinstrumente, Perkussion sowie Musik und Bewegung mit 150 Kindern. Im Oktober ist das Resultat eines Austauschprogramms mit dem Turiner Jugendorchester «Pequeñas huellas» zu hören und zu sehen. Gelebte Zusammenarbeit mit dem Orchester des Gymnasiums Liestal ereignet sich Ende Oktober und Mitte Dezember bilden das traditionelle Weihnachtskonzert unter Beteiligung von Chören, Ensembles und Orchestern sowie «Klassenmusizieren on Stage» in Zusammenarbeit mit vier Primarschulklassen den Abschluss der Feierlichkeiten. Der Liestaler Veranstaltungskalender 2014 umfasst inklusive aller Schülerkonzert und Projekte über 100 Anlässe.
In Muttenz werden über das Wochenende vom 21. Juni ein Musical, ein Rockkonzert, ein Singspiel, ein Kammermusikprogramm, ein Jodelkonzert, ein Klavier- und ein Orchesterkonzert veranstaltet. Gelterkinden führt sein Jubiläumprogramm unter anderem mit einer Zirkus-Aufführung im August, einem Band-Openair und Pop-Rock-Contest im September, der Uraufführung «Rund um den Globus» von Cornelius Buser im November und einem Adventskonzert weiter.
Bei so viel Einsatz und Begeisterung keimt berechtigte Hoffnung auf weitere vier Mal 50 erspriessliche Jahre!

Detaillierte Informationen zu den Jubiläen:
www.amsmuttenz.ch
www.msgelterkinden.ch
www.kms-pratteln.ch
www.rm-liestal.ch