
Welches Gesetz ist das richtige?
An seiner jährlichen Weiterbildung befasste sich der VMS-Vorstand mit der Umsetzung des Verfassungsartikels «Musikalische Bildung» aus verfassungsrechtlicher Sicht.
Der Verband Musikschulen Schweiz diskutiert Gesetzesinhalte.
Niklaus Rüegg – Am Workshop vom 9. Mai in Zürich unter der Leitung der VMS-Präsidentin Christine Bouvard, mit Vertretern des SMR (Stefano Kunz) und des VSSM (Armon Caviezel) sowie dem Staatsrechtler Prof. Rainer J. Schweizer und seiner Assistentin Stephanie Bernet (St. Gallen) wurden die Grundzüge der kantonalen und vor allem nationalen Gesetzesinhalte diskutiert. In nicht weniger als 27 Gesetzgebungen hat der Art. 67a BV Auswirkungen: in 26 Kantonen sowie in einem übergeordneten Bundesgesetz «Musikalische Bildung». Die notwendigen gesetzlichen Anpassungsarbeiten bezüglich der gesetzlichen Verankerung der Musikschulen in den Kantonen will der Verband Musikschulen Schweiz mit seinem eben erst fertig gestellten, fast 70-seitigen Handbuch unterstützen. Hier wurden fundiertes Hintergrundwissen und praktische Umsetzungsanleitungen als Hilfestellungen für die Kantonalverbände zusammengetragen. Auf Bundesebene – darin waren sich die Workshopteilnehmenden einig – kann ein eigenes Rahmengesetz «Musikalische Bildung» die komplexe, mehrere musikalische Bildungsbereiche sowie kantonale und nationale Aufgaben umfassende Materie am besten abbilden.
Offene Ausgangslage
Seit der Fertigstellung des BAK-Berichtes (Bundesamt für Kultur) Ende letzten Jahres mit seinen 37 Massnahmen – 32 davon in Bundeskompetenz – arbeitet das BAK an der zugehörigen Gesetzgebung. Die am Bericht mitwirkenden Verbände werden in Kürze davon in Kenntnis gesetzt. Ende Mai wird diese Arbeit dem Bundesrat vorgestellt und ab Ende Juni in die Vernehmlassung gehen.
Die als Bildungsinitiative gedachte Verfassungsvorlage wurde von Anfang an vom Bundesamt für Kultur begleitet. Die Inhalte des Verfassungsartikels 67a betreffen aber sowohl die Bildung wie auch die Kultur und Zuständigkeiten sowohl des EDI (Kultur) wie auch des WBF (Bildung). Ob die erarbeiteten Massnahmen ganz oder teilweise ins Kulturförderungsgesetz oder in weitere bestehende Gesetze integriert werden, oder eine, vom VMS favorisierte, Lösung in Form eines Rahmengesetzes geschaffen wird, ist im Moment noch offen. Die Musikalische Bildung einzig der Kulturförderung zuzuordnen würde dem Bildungsartikel nur teilweise gerecht. Die Kulturförderung geschieht über projekt- und eventorientierte Förderung. Dies ist nur schwer vereinbar mit der Nachhaltigkeit eines Bildungsprozesses. Ausserdem herrscht bereits jetzt ein immenser Verteilungskampf innerhalb der Kulturbotschaft. Die logische Konsequenz ist hier die Schaffung eines eigenen Musikförderungsgesetzes analog dem Sportförderungsgesetz, das eine Kohärenz über alle Bereiche der musikalischen Bildung herstellt.
Gute Gründe für eigenständiges Rahmengesetz
Der Verfassungsartikel 67a ist integraler Bestandteil der neuen Bildungsverfassung (Art. 61 bis 68), die 2006 vom Schweizer Volk angenommen wurde. Im Musikartikel sind klar eine bundespolitische Bildungsvorstellung, ein Bildungswert und ein Bildungsziel festgehalten. Die musikalische Bildung ist als nachhaltiger Prozess über die ganze Lebensspanne mit Schwerpunkt Kindheit und Jugend angesprochen. Die Nähe der Musikschulen und des Laienbereichs zur Schule sind wesentlich, damit sich das Angebot in der Bildungslandschaft gemeinsam mit der Schule entwickeln kann. Die musikalische Bildung ist somit integraler Bestandteil einer umfassenden, ganzheitlichen Bildung für die Generationen von morgen. Es besteht kein Bundesgesetz, das die Inhalte von Art. 67a in ihrer Ganzheit aufnehmen könnte und das Zuordnen zu verschiedenen Gesetzen würde – so die Meinung des VMS – den Verlust des Zusammenhangs, der von den Initianten des Verfassungsartikels 67a explizit gefordert wird, bewirken und zudem die Gesamtwirkung des Verfassungsartikels schwächen.