Die Pianistin und Schulleiterin Letizia Walser wurde einstimmig in den VMS-Vorstand gewählt. 

Chance für die Musikalische Bildung

Niklaus Rüegg, 03.02.2014

Die Italienerin Letizia Walser wurde im Jahr 2000 als Klavierlehrerin an der Musikschule Binningen-Bottmingen angestellt und 2004 zusammen mit Mareike Wormsbächer zu Co-Leiterin befördert. Seit Anfang 2014 ist sie Vorstandsmitglied des VMS.

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Letizia Walser engagiert sich auf verschiedenen Ebenen für die Musikalische Bildung.

Die Pianistin und Schulleiterin Letizia Walser wurde einstimmig in den VMS-Vorstand gewählt.

Niklaus Rüegg – Letizia Walser studierte Klavier und Musikwissenschaft in Rom Es folgte das Nachdiplomstudium in Musikpädagogik in Zürich und die Schulleiterinnenausbildung bei Herzka. Neben ihrem Leitungspensum unterrichtet sie weiterhin Klavier und engagiert sich in verschiedenen Entscheidungsgremien. Vor kurzem hat sie ihren Master in Kulturmanagement mit Schwerpunkt Kulturpolitik an der Universität Basel abgeschlossen. Binningen-Bottmingen gehört mit ca. 800 Schülern und 39 Lehrpersonen zu den mittelgrossen Schulen des Baselbiets.

Frau Walser, Sie setzen sich seit Jahren nicht nur als Lehrerin, sondern auch als Schulleiterin und in andern Führungsgremien für die Musikalische Bildung ein. Welches ist Ihre Motivation dafür?
Die musikalische Bildung hat mich selbst sehr stark geprägt und ich versuche nun, diese Erfahrung auf verschiedenen Ebenen weiterzugeben. Meine Schülerinnen und Schüler lernen im Klavierunterricht in einer neuen Sprache mit Freude Gefühle auszudrücken. Als Leiterin kann ich Rahmenbedingungen schaffen, die es den Lehrpersonen ermöglicht, gut zu arbeiten und somit optimal ihren Bildungsauftrag zu erfüllen.

In welcher Ihrer verschiedenen Positionen glauben Sie, am meisten für die musikalische Ausbildung der jungen Menschen tun zu können?
Alle drei Funktionen, die ich ausübe, sind mir sehr wichtig. Sie befruchten sich gegenseitig. Als Lehrerin kann ich meine Leidenschaft für die Musik unmittelbar weitergeben, als Schulleiterin kann ich hautnah auf die Bedürfnisse der Kollegen eingehen und in den Gremien bemühe ich mich, meine Führungskompetenzen und mein kulturpolitisches Wissen in Gestaltungsprozesse einzubringen.

Welche Strategien/Visionen verfolgen Sie an Ihrer Schule?
In unserem Leitbild steht, dass jedes Kind individuell in seinen persönlichen Begabungen gefördert werden soll. Das ist uns sehr wichtig. Das Kapital unserer Schule sind die Lehrpersonen: Wir engagieren Lehrpersonen mit hohem künstlerischem Niveau und grosser pädagogischer Intelligenz. Zu unsern Visionen gehören der Vorschulunterricht und der Unterricht für junge Erwachsene. Hier sind wir noch nicht am Ziel. Ausserdem haben wir uns für mehr soziales Engagement entschieden: Wir wollen mit unserer Musik vermehrt in Altersheime und Spitäler oder Entwicklungsländer gehen.

Sie setzen sich aktiv mit alternativen Unterrichtsformen auseinander. Wo sehen Sie beim herkömmlichen Unterricht Veränderungspotential oder Veränderungsbedarf?
Das Thema Unterricht im Klassenverband ist für mich im Moment von zentralem Interesse. Hier liegt das Potential der Musikunterrichtsentwicklung.
Ich bin der Meinung, dass es an den öffentlichen Schulen Fachleute braucht. In Binningen haben wir ein sehr erfolgreiches Experiment mit Team-Teaching durchgeführt. Die Musikschule hatte dazu mit der Primarschule ein gemeinsames Lehrerteam für das Fach Musik gebildet. Das Projekt wurde in Binningen institutionalisiert und wird für die 4. und 5. Klassen weitergeführt. Hinter solchen Projekten steht der demokratische Gedanke, dass der hochwertige Musikunterricht für alle da ist und nicht nur für eine zahlungskräftige Elite.

Welche Vorteile haben die Musikschulen Baselland gegenüber gesetzlich (noch) nicht verankerten Schulen durch ihre Einbindung ins Bildungsgesetz?
Die Einbindung ins Bildungsgesetz bedeutet für uns ein solides Fundament für die Weiterentwicklung unserer Schule. In Krisenzeiten wird ja jeweils reflexartig an der Bildung gespart. Wir haben im Baselland den Vorteil, dass die Schulen nicht wegrationalisiert werden können, da sie als vollwertige Schulen gelten. Diese Ausgangslage wünsche ich jedem Kanton in der Schweiz.

Sie sind in der Talentförderung Baselland aktiv. Wie sind in Ihrer Optik die vergangenen sechs Jahre verlaufen und wohin wird sie sich weiter entwickeln (müssen)?
Die Talentförderung BL hat eine wunderbare Entwicklung genommen. Heute haben wir eine durchdachte Struktur und das Niveau ist deutlich gestiegen. In Zukunft soll die Zusammenarbeit mit der Musikschule Basel optimiert werden. Unsere Vision ist sogar, eine gemeinsame Talentförderung Nordwestschweiz zu entwickeln. Kurzfristige Ziele sind die finanzielle Sicherung durch den Kanton und die Zusammenarbeit mit den Gymnasien. Es müssen Lösungen gefunden werden, um stufenübergreifend operieren zu können.

Was gedenken Sie als neues Vorstandsmitglied für die Musikalische Bildung zu tun?
Ich will mit meinem Fachwissen und meinen bildungspolitischen Kompetenzen einen Beitrag zur Entwicklung der Musikalischen Bildung leisten. Alle Schulen der Schweiz sollen ins Bildungsgesetz ihrer Kantone aufgenommen werden. Vor allem liegt mir die Präsenz des VMS in der italienischen Schweiz am Herzen.

Wie muss sich der VMS positionieren, um an der Basis als unverzichtbar wahrgenommen zu werden?
Der Verband hat sich professionalisiert und an Glaubwürdigkeit gewonnen. Er hat sich schon allein mit dem riesigen Einsatz für die Initiative unverzichtbar gemacht, denn dieser Erfolg ist zu einem guten Teil dem VMS zu verdanken.
Es braucht sicher ein gutes Dienstleistungsangebot und eine transparente Kommunikation bis zur Basis. Auch das FMB ist unverzichtbar, solange es sich mit Basisthemen beschäftigt. Die strategisch-visionäre Ebene muss der VMS sicher beibehalten und weiterhin politisch-pädagogische Zukunftskonzepte entwickeln, auch wenn diese eine gewisse Distanz zur Basis besitzen.