Trägerschaften prägen Schulkultur
Neben dem neu zweijährlich stattfindenden Forum Musikalische Bildung FMB veranstaltet der VMS alternierend zwei weitere grosse Konferenzen, je eine für die Präsidien der Kantonalverbände und die Trägerschaften der Musikschulen. Am 25. Oktober 2013 waren die Trägerschaften an der Reihe.
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- Foto: Niklaus Rüegg
- Präsidentin Christine Bouvard Marty freut sich über das rege Interesse an der Trägerschaftskonferenz.
Schulräte, Schulkommissionen und Delegierte üben sich in Weiterbildung.
Niklaus Rüegg – Die Schulräte, Schulkommissionen oder Delegiertenversammlung tragen grosse Verantwortung für die von ihnen beaufsichtigten und begleiteten Schulen. Sie müssen alle wichtigen Entscheidungen mittragen, stehen gegenüber den Subventionsgebern in der Pflicht und fungieren nicht zuletzt meist auch als Vorgesetzte der Schulleitungen. Sie agieren in ihren Gremien allerdings in einem etwas isolierten Raum zwischen Politik und Basis, was oft ein gewisses Informationsvakuum zur Folge hat. Vor zwei Jahren hat sich der VMS deshalb dazu entschlossen, ein Informations- und Weiterbildungsangebot für diese Gruppe zu schaffen. Der Erfolg der ersten Trägerschaftskonferenz im Jahre 2011 ermutigte den Vorstand, dieses Gefäss als periodisch wiederkehrendes Angebot zu institutionalisieren.
Bundesgesetz in Sichtweite
VMS-Präsidentin Christine Bouvard informierte in ihrem Eingangsreferat über den Stand der Umsetzung des neuen Verfassungsartikel 67a «Musikalische Bildung». Die Arbeitsgruppe des Bundesamtes für Kultur (BAK), bestehend aus den wichtigsten musikalischen Berufs- und Laienverbänden, hat am 4. November zum letzten Mal getagt und den erarbeiteten Massnahmenkatalog zuhanden Bundesrat Alain Berset finalisiert. Im nächsten Jahr geht das Papier in die Vernehmlassung und anschliessend in die parlamentarische Debatte. Das Bundesgesetz sollte im Jahr 2015 verabschiedet sein, damit die Ergebnisse noch in der Kulturbotschaft 2015-2018 Eingang finden. Christine Bouvard gab den anwesenden Trägerschaftsmitgliedern den Rat, ihre Schuldaten mit der VMS-Statistik abzugleichen, Überlegungen zu Grösse, Leitungspensum, Qualitätssicherung, Finanzierung, Begabungsförderung, Kooperation mit der Volksschule und Anstellungsbedingungen zu machen und das musikpädagogische Profil zu überdenken. In Kantonen ohne Musikschulgesetz sollte die Schaffung eines solchen in Angriff genommen werden – der VMS ist gerade daran ein entsprechendes Handbuch als Hilfestellung für die kantonalen Gesetzgebungsprozesse zu verfassen. Wo bereits Gesetze vorhanden sind, sollten diese unter dem Gesichtspunkt der Kompatibilität durchleuchtet werden.
35 Jahre massgeschneiderte Vorsorge
Hans Brupbacher, Stiftungsratspräsident der PK Musik und Bildung, stellte die Erfolgsgeschichte der durch den VMS 1978 gegründeten Institution vor. Der VMS hatte erkannt, dass die Lehrpersonen an Musikschulen mit ihren Pensen als Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte durch die Maschen der herkömmlichen Pensionskassen fielen und am Ende ohne zweite Säule dastanden. Der VMS wollte für diese Gruppe Vorsorgelösungen anbieten und entwickelte eine Versicherungsform ab dem ersten Franken. Seither haben Tausende Musikschulangestellter von diesen, der Berufsrealität angepassten Angeboten profitiert. Die PK Musik und Bildung ist heute eine unabhängige Stiftung mit aktuell 9000 aktiven Versicherungsverhältnissen und ist mit einem Deckungsgrad von 105% gut aufgestellt. Bis jetzt hat das Modell prima funktioniert, doch die Zukunft wird nicht einfacher. Viele Faktoren deuten auf eine Verschärfung der Situation hin. Brupbacher führte einige mögliche Massnahmen an, mittels derer die Vorsorge künftiger Generationen weiterhin gesichert werden könne. Als zentrales Anliegen nannte Brupbacher die Prävention, denn gesunde Mitarbeiter kosten weniger. Die PK hat deshalb vor einigen Jahren zusammen mit der Firma «active care ag» das Berufliche Gesundheitsmanagement (BGM) entwickelt.
Prävention kommt billiger
In einem der beiden Workshops stellte Martin Brunner von active care ag das BGM vor. Das Angebot wird vollumfänglich über die Pensionskasse finanziert und ist somit kostenlos. Brunner arbeitet bereits mit 125 Musikschulen mit insgesamt über 5300 Lehrpersonen zusammen: «Mehrfachbeschäftigte ohne Pensengarantien sind vermehrt mit Existenzängsten konfrontiert und anfälliger auf psychische Erkrankungen», stellte Brunner fest. Die zwei zentralen Elemente des Präventionsprogramms sind das Absenzen- und das Case-Management. Durch das systematische erfassen der Absenzen könne zum Beispiel ein beginnendes Burnout früher erkannt und entsprechend gehandelt werden. Hier setzt das zweite Instrument an, das Case-Management: der erkrankten Lehrperson wird eine speziell geschulte Betreuungsperson zur Seite gestellt, die sie individuell durch die Krankheitsphase begleitet. Je früher gesundheitliche Probleme erkannt werden, desto kürzer dauere die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Die Erfahrungen geben Brunner Recht: Seit 2011 wurden 6500 Absenzmeldungen erfasst und 150 Absenzberichte unter Wahrung des Datenschutzes zuhanden der Schulleitungen verfasst. Von bisher 35 durch Case-Management betreuten Lehrpersonen sind heute 20 wieder arbeitsfähig.
Trägerschaften haben Führungsverantwortung
Der Unternehmensberater Andreas Hofmann umriss in seinem Workshop Aspekte der Führungsverantwortung von Schulrats- und Kommissionsmitgliedern. Anhand anschaulicher Beispiele erläuterte Hofmann, wie man Probleme einer Schulleitung frühzeitig erkennen und rechtzeitig und angemessen eingreifen kann: «Führungsgremien pflegen Probleme oft auszusitzen, bis es zur unvermeidlichen Eskalation kommt».
Als Kernaufgaben nannte Hofmann eine gemeinsam getragene Vision, eine sinnstiftende Kommunikation, eine bewusste Strategie und klare Positionierung der Schule, mit der sich die Lehrpersonen identifizieren können und so zu Mitunternehmern werden.
Vier V-Erfolgsfaktoren sind gemäss Hofmann für eine Organisation zentral:
➢ Vermögen: was vermögen Führungskräfte und Mitarbeitende zu leisten? Wie kann man deren Potential und Anlagen am besten nutzen?
➢ Vertrauen: zutrauen und anvertrauen schafft Vertrauen.
➢ Vernunft: Prioritäten setzen, weg vom Perfektionismus, hin zur Lösung der grössten Probleme (80 Prozent der Probleme sind in kurzer Zeit zu lösen).
➢ Verantwortung: Vernünftig eingesetzte Hilfsmittel, konsequent delegieren und damit Mitverantwortung stärken.
Die informative Veranstaltung wurde am Mittag durch einen leckeren Stehlunch unterbrochen, an welchem die Musikschulverantwortlichen aus allen Landesteilen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch rege nutzten.
Die nächste Konferenz im Oktober 2014 ist nach 2012 erneut für die Präsidien der Kantonalverbände geplant.