Ein Pionier übergibt seine Baustellen
Er ist seit 2005 Rektor der Musikschule Luzern. 35 Jahre lang hatte er an drei verschiedenen Schulen Leitungsfunktionen inne. Jetzt geht Yves Illi in Pension.
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- Foto: Niklaus Rüegg
- «Der Einzelunterricht führt zum gemeinsamen Musizieren.»
Yves Illi geht in Pension
Niklaus Rüegg – Bevor Yves Illi im Jahr 1979 seine erste Musikschulleitung in Littau übernahm, hatte er als Inhaber des aargauischen Primar- und Sekundarlehrerpatents sechs Jahre an der Sekundarschule in Sins unterrichtet. Zuvor gab er ein zweijähriges Gastspiel im Treuhandsektor einer Bank. Auf dem zweiten Bildungsweg erwarb er das Diplom in Blasmusikdirektion am damaligen Konservatorium Luzern, wurde Mitglied des SMPV und machte Musik zum seinem Beruf – eigentlich gute Voraussetzungen für den «Mehrkämpfer» Musikschulleiter: Treuhand, Lehrer, Blasmusikdirigent und dann «Learning on the job».
Illi ist in dritter Generation Blasmusikant. Seine Instrumente sind das Cornet und die Trompete. Sein grosses Anliegen als Musikpädagoge war immer: «Der Einzelunterricht führt zum gemeinsamen Musizieren». Diese Maxime hat mit seinen Erfahrungen als Jugendlicher zu tun. Er spielte mit seinem Grossvater, seinem Vater, Bruder, Onkel und seinen Cousins zusammen in einer Brass Band.
Dieses musikalische Engagement setzte er später als Dirigent fort. Er leitete zwölf Jahre den «Höchstklasseverein» Brass Band Bürgermusik Luzern, insgesamt 25 Jahre die Jugendblasorchester und Jugendbrassbands in Littau und die Kadettenmusik Zug.
Der Baumeister
Yves Illi war an drei Schulen leitend tätig. An allen drei Orten hat er zum Teil epochale Bauten betreut, in Zug das Musikschulzentrum Neustadt und in Luzern den Südpol. Sogar in Littau liess er eine ehemalige Baubaracke zum Minimusikschulhaus umbauen, «dabei verstehe ich gar nichts vom Bauen», lacht Illi. Doch auch in anderer Hinsicht hat er an seinen Schulen «gebaut», nämlich im Schaffen von Strukturen. Jedes Mal hat er bei seinem Abgang gut strukturierte Organisationen zurück gelassen.
Die neun Jahre als Leiter der Musikschule Littau waren geprägt von einem Boom, vor allem beim Klavier und bei den Blasinstrumenten. 1979 übernahm er die sechsjährige Schule von Brigitte Mürner-Gilli. Bei seinem Antritt gab es 500 Lernende, bei seinem Abgang im Jahr 1988 waren es bereits 1000. Illi hatte in dieser Zeit eine Ensemblelandschaft mit Brassband und Jugendblasorchester geschaffen. Das Instrumentenangebot wurde ausgebaut. Damals war es noch schwierig, genügend qualifizierte Lehrpersonen zu finden, ein Problem, das sich inzwischen bekanntlich ins Gegenteil verkehrt hat.
1988 wurde Illi für fünf Jahre Prorektor an der Musikschule Luzern. Er gründete ein Blasorchester und arbeitete auch hier an der Ensemblesituation. Wie wichtig diese Aufbauarbeit war, zeigt sich heute in einer, auf Ensembles bezogen eher schwierigen Zeit. Illi stellt fest, dass «die Bereitschaft, regelmässig in Ensembles zu spielen, abgenommen hat.»
12 Jahre ideale Bedingungen
An der Musikschule Zug folgte Illi im Jahr 1993 auf den «Pionier» Sales Kleeb. Er fand eine Schule in ausgezeichnetem Zustand und ohne finanzielle Probleme vor. Einzig die schwierige Raumsituation konnte sein Vorgänger während seiner Amtszeit nicht verbessern. So machte sich Illi daran, das Musikschulzentrum Neustadt zu planen und zu realisieren. Dazu war viel Lobbyarbeit notwendig. Aus einem über 100 Jahre alten Primarschulhaus entstand eine fantastische Musikschule an idealer Lage in der Nähe des Bahnhofs mit 40 Musikzimmern, einer Aula und einem Singsaal. Zug wird heute in der ganzen Schweiz um dieses Gebäude beneidet. Eine viel beachtete Errungenschaft war überdies die Schaffung einer Pensengarantie für die Lehrpersonen. So konnten schwankende Schülerzahlen besser ausgeglichen werden. Illi fühlte sich sehr wohl in Zug. Er hatte ein Büro mit einer weiten Aussicht auf See und Berge – er sei eben «ein sehr weitsichtiger Schulleiter», schmunzelt er.
Der Anruf, der alles veränderte
Vor neun Jahren bekam Yves Illi einen Anruf vom Luzerner Stadtpräsidenten Urs W. Studer. Studer bat ihn, das Rektorat der Musikschule zu übernehmen. Der legendäre Amtsinhaber Werner Bühlmann hatte nach fast 40 Jahren das Pensionsalter erreicht. Für Illi bedeutete diese Anfrage die grosse Chance, in seinen letzten Arbeitsjahren eine reizvolle Herausforderung anzunehmen. Jetzt konnte er noch einmal seine ganze Erfahrung in die Waagschale werfen, zumal auch in Luzern grosse Umstrukturierungen anstanden.
Der Rektor der Musikschule Luzern hat den Rang eines Dienstchefs und ist Mitglied der Geschäftsleitung der Bildungsdirektion. Er hat also politische Verantwortung und rechtlich weitgehende Kompetenzen. So kann er natürlich auch viel bewirken.
Kaum trat er seine Stelle an, bat ihn die damalige Präsidentin des VML und jetzige Präsidentin des VMS, Christine Bouvard, im Vorstand des Kantonalverbands mitzuarbeiten. Die kantonale Musikinitiative ging gerade in die heisse Phase. Illi arbeitete bereitwillig mit, ging auf die Strasse und sammelte gemeinsam mit seinen Lehrpersonen Unterschriften. Die Abstimmung verlief bekanntlich erfolgreich. Heute ist das Führen einer Musikschule für die Gemeinden obligatorisch und der Kanton zahlt wieder an die Kosten. Auch für die nationale Musikinitiative, die im letzten September mit einem Verfassungsartikel belohnt wurde, hatte sich Illi engagiert. Er hofft, dass dieser Erfolg nun auf Gesetzesebene seine Fortsetzung findet.
Grosszügige Räumlichkeiten im Südpol
Baumeister Illi durfte in Luzern ein weiteres Mal ein Musikschul-Prunkstück verwirklichen, den Südpol. Mit der Gemeindefusion von Littau und Luzern stellte sich für ihn zudem die Aufgabe, seine ehemalige in seine aktuelle Musikschule zu integrieren. Dies erforderte wieder Umstrukturierungen – insbesondere in der Führung der Schule. Die Einführung von geleiteten Abteilungen ist eine willkommene Folge der Fusion. Durch eine weitere, erfolgreiche Volksabstimmung wurden 25 Millionen für ein neues Kulturzentrum bewilligt. Im Jahr 2008 konnten die grosszügigen Räumlichkeiten auf dem Areal des ehemaligen Schlachthofs Kriens bezogen werden. Das Gebäude an der Arsenalstrasse beheimatet unter einem Dach verschiedene kulturell tätige Institutionen in unterschiedlichen Sparten: neben der Musikschule sind hier das Luzerner Theater, das Luzerner Sinfonieorchester LSO, die Brassband der Bürgermusik und ein Tanztheater zu finden. Und die Südpol-Geschichte wird demnächst fortgeschrieben: Die Hochschule Luzern - Musik, ihrerseits unter Raumknappheit leidend, hat sich das Nachbargrundstück gesichert und wird im Jahr 2017 ihren 70-Millionenbau beziehen können. Yves Illi, Mitglied im Stiftungsrat der HSLU M, hat bereits eine intensive Zusammenarbeit aufgegleist. Die beiden Zentren werden in den Bereichen Methodik und Didaktik eng zusammenarbeiten und wollen zu einer der ersten Adressen auf diesem Gebiet werden.
Die Zeit danach
Die Musikschule Luzern ist über 150 Jahre alt und gilt heute als eine der grossen und führenden Musikschulen der Schweiz. Umfragen belegen eine hohe Zufriedenheit der 3000 Lernenden und 120 Lehrpersonen. Yves Illi hat grossen Anteil an dieser Situation. Er hat die Schule durchstrukturiert, Prozesse wurden definiert, Abläufe festgelegt und in einem Handbuch festgehalten. Diese Schule wird auch ohne ihn funktionieren, wenn er Ende Schuljahr seinen Hut nimmt, dafür hat er selber gesorgt.
Illi hat den Kopf noch nicht frei genug, um seine Pensionierung zu planen, zuviel hat er noch um die Ohren. Er arbeitet unter anderem an der Aufgleisung eines kantonalen Talentförderungsprogramms. Doch die Zukunft hält einige angenehme Dinge für ihn bereit: der begeisterte Grossvater liebt das Languedoc und freut sich auf stundenlange Wanderungen am Canal du Midi. Er übergibt die Schule seinem Wunschnachfolger Thomas Limacher mit einem guten Gefühl.