Bilanz nach fünf Jahren Talentschmiede 

Stolze Talentförderer

Niklaus Rüegg, 06.05.2013
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Baselbieter Talentförderer vor dem Arlesheimer Dom.

Verantwortliche Talentförderer geben Auskunft

Herr Raaflaub, Herr Waldner, was ist ein Talent?
Beat Raaflaub: Eine Begabung zeigt sich in der überdurchschnittlichen Beherrschung des Instruments, einem «gewissen Etwas» sowie in aktivem Interesse und grosser Leidenschaft für die Musik. Von den Schülerinnen und Schülern
der Talentförderung wird erwartet, dass sie die Beschäftigung mit dem eigenen Instrument und der Musik ins Zentrum ihrer Freizeitaktivitäten stellen.
Thomas Waldner: Einsatzbereitschaft und Leistungswille sind ganz entscheidend.

Wie sieht Ihre Bilanz nach fünf Jahren TFBL aus?
Raaflaub: Das Niveau ist von Jahr zu Jahr gestiegen und die Struktur mit Talentrat und Geschäftsstelle hat sich absolut bewährt. Wir sind stolz darauf, dass wir Schulleiter das alles alleine, basisdemokratisch und ohne irgendwelche kantonale Unterstützung geschafft haben.
Waldner: ...und das bei schwierigen Rahmenbedingungen. 15 Schulen und 15 Schulräte unter einen Hut zu bringen, ist eine grosse Herausforderung, zumal alle Schulen bereits genügend lokale Veranstaltungen und finanzielle Verpflichtungen haben.
Eine finanzielle Chancengleichheit ist aufgrund kommunaler Eigenheiten nicht gegeben. Manche Schulen subventionieren ihre Talente gar nicht, während andere 25 oder sogar 50 Prozent an die Extrakosten beisteuern. Die Schulreglemente stehen über den gemeinsamen Interessen.

Was haben Sie für Eindrücke von der jüngsten Aufnahmeprüfung vom vergangenen März?
Raaflaub: Die Anforderungen wurden gesteigert und die Jury wurde strenger. Wir stellten bei den Lehrpersonen und Prüflingen ein verstärktes Bewusstsein dafür fest, was verlangt wird. Es gab eine grössere Breite bei den Instrumenten. Das Niveau war dieses Jahr beim Gesang auffallend hoch. Von 31 Bewerbenden aus dem ganzen Kanton haben 19 bestanden.

Wie ist der erste Einsatz des Leistungskontroll-Gremiums im Januar verlaufen?
Raaflaub: Eine Leistungskontrolle ist auf Begabtenniveau unserer Ansicht nach unerlässlich. Die so genannte interkantonale Talentjury (ikataj) nahm ihre Arbeit an den Podiumskonzerten im vergangenen Januar auf. Das Gremium besteht aus denselben Personen wie die Jury der Aufnahmeprüfungen. So können wir eine gewisse Kontinuität in der Beurteilung gewährleisten. Wir haben uns auf ein «Ampelsystem» geeinigt: Grün heisst «läuft gut», orange heisst «Gesprächsbedarf» und Rot «Handlungsbedarf». In einigen wenigen Fällen trat der Fall «Orange» im Frühjahr ein.
Waldner: Die Leistungskontrolle besteht nicht nur aus der Arbeit dieses Gremiums. Mit dazu gehören die thematischen Klassenstunden und die Konzerte sowie Leistungsberichte der Lehrpersonen und die Kontrolle durch die Schulleitungen.

Worin besteht der Mehrwert für die Teilnehmenden, die Lehrpersonen und die Schulen?
Raaflaub: Die Teilnehmenden erhalten in der Regel zu günstigen Bedingungen ein solides Ausbildungsprogramm zur eigenen Talententwicklung. Wer Studienabsichten hegt, kann bis zur Hochschulreife begleitet werden.
Für Lehrpersonen bedeutet die Arbeit eine besondere pädagogische Herausforderung. Sie können Profil gewinnen und werden im oberen Segment ihrer Fachkompetenzen gefordert.
Eine Schule wird an guten Schülern gemessen. Sie kann ihre Talente als Aushängeschild benutzen.
Waldner: Eine gute Breite ist zwar die Voraussetzung, dass eine Spitze entstehen kann, doch umgekehrt hat auch die Spitze eine Sogwirkung auf die Breite. Sehr positiv wirkt sich auch aus, dass die Schulen und die Lehrpersonen miteinander in Kontakt kommen und zusammen arbeiten. Aus diesem Austausch entsteht allmählich ein «Wir-Gefühl».

In welche Richtung dürfte sich die TFBL entwickeln?
Raaflaub: An erster Stelle steht die Sicherung der finanziellen Zukunft der TFBL. Wir streben eine finanzielle Beteiligung des Kantons an. Aufgrund des neuen Musikförderungsartikels erhoffen wir uns mittelfristig auch eine nationale Einbettung.
Priorität hat im Moment die Zusammenarbeit mit Basel. Hier ist Einiges im Entstehen. Wir werden bestimmt bald auf eine intensivere Ebene der Kooperation gelangen.
Weiter streben wir einen entspannten Dialog mit den Gymnasien an. Geplant sind Sonderregelungen für die Teilnehmenden der TFBL. Unter anderem soll bei Talenten ein Lehrerwechsel beim Eintritt ins Gymnasium nicht mehr zwingend erfolgen müssen. Waldner: Zur Unterstützung der Lehrpersonen möchten wir demnächst Fortbildungen im Zusammenhang mit Talentförderung anbieten. Das «Wir-Gefühl» soll unter den Schülerinnen und Schülern der TFBL mit gemeinsamen Konzertprojekten, Kursen und Veranstaltungen noch mehr gestärkt werden.

www.talentfoerderung.ch