
Soziale Sicherheit im Kulturschaffen
Ein Bericht über die von SONART, Visarte und Suisseculture Sociale organisierte Informationsveranstaltung am 9. Oktober in Biel – übersetzt aus dem Französischen
SONART wurde von der Abteilung Soziales der Stadt Biel kontaktiert, um im Rahmen der Bieler Kampagne «Mois de la précarité / Armut verhindern» vom 30. September bis 29. Oktober 2021 einen Informationsanlass durchzuführen.
Ursprünglich wollten wir eine Veranstaltung organisieren, die sich nur auf die soziale Vorsorge von Musiker*innen konzentriert. Angesichts der Herausforderungen der Pandemie entstand aber eine vermehrte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Kultursektoren, und so entschieden wir, auch hier mit unseren Partnerverbänden Visarte und Suisseculture Sociale zusammenzuarbeiten. Ein positiver Nebeneffekt dieser Krise ist, dass wir die verschiedenen Dachverbände des Kultursektors regelmässig an einen gemeinsamen, virtuellen Tisch gebracht haben, und wir beabsichtigen, unsere Zusammenarbeit zu den während der Pandemie entwickelten Themen fortzuführen.
Gemeinsam und durch die Erweiterung unserer Partnerschaften möchten wir Aktionen und Informationsveranstaltungen zur dringlichen Frage der beruflichen Vorsorge im Kultursektor organisieren – denn die Gesundheitskrise und die damit verbundenen Absagen von kulturellen Anlässen hoben erneut die prekäre Lage hervor, in der sich die Kulturschaffenden diesbezüglich befinden.
Die Ergebnisse der Umfrage von Suisseculture Sociale, die im vergangenen Frühjahr von der Beratungsfirma Ecoplan durchgeführt wurde, sind ernüchternd: Die Einkommen der Kulturschaffenden in der Schweiz haben sich seit der letzten Umfrage im Jahr 2016 deutlich verschlechtert. Der Anteil der Kulturschaffenden mit einem jährlichen Gesamteinkommen von 40'000.– (bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 45 Stunden) ist von 50 auf 59 % gestiegen. Zudem zahlen nur 69 % der selbständigen Kulturschaffenden Beiträge an die AHV, bei den unselbstständig Erwerbenden sind es sogar nur 86 %. Nicht, weil diese Personen ihr Einkommen nicht angeben, sondern weil die komplexen Sozialversicherungsverfahren nicht auf ihre vielfältigen Beschäftigungsverhältnisse zugeschnitten sind (häufige Arbeitgeberwechsel, Kleinstpensen usw.).
Darüber hinaus beruht unser Vorsorgesystem immer noch weitgehend auf dem klassischen Familien- und Lohnmodell (lebenslange Beschäftigung) und hat sich seit den 1980er-Jahren kaum verändert. Insbesondere richten sich die Arbeitslosen- und Unfallversicherung sowie die berufliche Vorsorge nicht an Selbstständige. Ein wachsender Teil der Bevölkerung, insbesondere die Kulturschaffenden, finden sich immer weniger in diesem Modell wieder.
Das zweite Ergebnis der Studie ist das extrem niedrige Lohnniveau der Kulturschaffenden.
Die gute Nachricht ist, dass wir, die verschiedenen Verbände und Dachverbände der Branche, dank dieser Studie über Daten verfügen, mit denen wir die Politiker*innen mobilisieren können. Indem wir den Dialog aufrechterhalten, mehr konkrete Daten vorlegen und unsere Politiker*innen immer mehr auf die Dringlichkeit der Situation aufmerksam machen, rechnen wir damit, dass wir auf gesetzgeberischer Ebene Änderungen erreichen werden. Schliesslich ist diese Dringlichkeit nicht auf unseren Sektor beschränkt und wir sind davon überzeugt, dass diese Fortschritte in den verschiedenen kulturellen Bereichen vielen Menschen zugutekommen werden.